Smart Mark Report #6

10.04.14, von "wrestling-infos.de"

smartmarkreportDer „Smart Mark Report“ beleuchtet und bewertet auf Wrestling-Infos.de jede Donnerstag aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen in der Welt des Mainstream-Wrestlings aus der Sicht eines „smarten“ Fans wie du und ich. Neben 100% subjektiven Ansichten liegt der Schwerpunkt vornehmlich auf der WWE. ACHTUNG: Keine Haftung für etwaige Spoiler!

Schock: Der Ultimate Warrior verstarb überraschend drei Tage nach seiner Aufnahme in die WWE Hall of Fame, zwei Tage nach seinem WrestleMania XXX Auftritt und einen Tag nach der Promo bei Monday Night RAW völlig überraschend einen viel zu frühen Tod mit 54 Jahren. Der Smart Mark Report über einen geschlossenen Kreis und die dämonischen Taten der Vergangenheit, die jeden Wrestler der 90er wieder einzuholen scheinen.

Endlich ist der Ultimate Warrior im Reinen mit der WWE gewesen: Ein neuer Legendenvertrag wurde unterzeichnet, er wollte Botschafter des Wrestlings werden. Die Aufnahme in die Hall of Fame mit emotionaler Ansprache wurde abgehalten, er befand sich endlich dort, wo er als Legende auch hingehört. Nun aber die schockierende Nachricht: Zusammenbruch am Abend des 8. Aprils, plötzlicher Tod mit 54 Jahren. Es ist makaber und traurig, denn so glücklich wie in den vergangenen Tagen hat man James Brian Hellwig – so sein bürgerlicher Name – selten mehr erlebt. Laut eigenen Aussagen hat er noch so viel vorgehabt, nachdem die Lasten der Vergangenheit endlich abgeworfen werden konnten. Moment – alle Lasten? Vermutlich die augenscheinlichsten, gewiss. Die Vermutung liegt aber nahe, dass auch der Ultimate Warrior wieder von seiner aktiven Zeit als Wrestler eingeholt wurde.

Die (vornehmlich frühen) 90er stellten das Jahrzehnt der schillernden Gimmicks dar. Bunte Superhelden, die die Massen euphorisierten und für den ersten Boom im Business sorgten. Hulk Hogan, Randy Savage, Razor Ramon, Shawn Michaels – die Liste ist lang. Abgesehen von der Tatsache, dass sie absolute Top-Stars und Publikumsmagneten waren, verbindet sie aber eine weitere Tatsache: Der Drogenmissbrauch. Und das ist keine abgedroschene Floskel oder eine Vermutung. Der Missbrauch der unterschiedlichsten Substanzen ist eine belegte Tatsache und legt auch über den Tod vom Ultimate Warrior einen dunklen Schatten. Painkiller, Anabolika, Steroide, Soma und Co. gehörten zum Alltag der Superstars von damals.

Die 90er waren noch eine andere Zeit: Der Körper musste gestählt sein. Noch viel extremer als vor zehn Jahren. Noch viel extremer als in der Attitude Ära. Die inneren Dämonen tauchten auf, als die Superstars der damaligen WWF unter totalem Druck standen, jeden Tag das absolute Maximum abrufen zu müssen. Immer im Wissen, dass der Zug abfahren könnte, sollte auch nur ein Gramm an Muskelmasse verschwinden. Der Traum könnte platzen. Dieses Idealbild des muskulösen Superhelden hat sich in den Köpfen der Akteure dermaßen eingebrannt, dass sie von Steroiden teilweise bis heute nicht die Finger lassen konnten. Noch viel schlimmer: Das Gimmick an sich hat sich in den Köpfen der Akteure so festgefahren, dass sie die Show auch aufrechterhalten mussten, als sie schon längst nicht mehr aktiv waren.

Shawn Michaels ist massiv abhängig gewesen, bis er von seinem Kind bewusstlos auf seiner Couch aufgefunden wurde – im Rausch. Ein Glaubenswandel hat Michaels gerettet. Scott Hall schluckte, spritze und rauchte von den Anfängen der 90er an bis quasi 2010 durchgehend irgendetwas, um die Schmerzen aushalten zu können, die das Business ihm bereitet haben. Dank DDP entkam er dem sicheren Tod. Jake Roberts ist schwerer Alkoholiker gewesen, wollte sich umbringen, da er seinen eigenen Scherbenhaufen nicht mehr mitansehen konnte. Auch er wurde von DDP gewissermaßen gerettet. Weitere Namen der endlos scheinenden Ansammlung: Kevin Nash konsumiert bis zum heutigen Tage völlig offen Soma-Tabletten und Soma-Drinks, die den Körper entspannen und die Muskenl zu Ruhe setzen. Chris Benoit ist schwer abhängig von Steroiden gewesen, Eddie Guerrero wurde trotz überwundener Sucht von dem Teufelszeug wieder eingeholt und verstarb – gepaart mit der großen Belastung als Profi-Wrestler – im Nachhinein viel zu früh Ende 2005. Die Liste an Wrestlern ist endlos, traurig und bedenklich. Ihr erkennt aber, was der Ultimate Warrior durchgelebt haben muss.

Bei RAW am Montag wirkte Hellwig berührt, ergriffen – aber auch ausgelaugt und atemlos. War das alles zu viel für den Mann, der neben Hulk Hogan zeitweise als größter Wrestling-Star aller Zeiten galt? War sein Körper am Ende? Konnte der ganze (positive) Stress nicht mehr verarbeitet werden? Oder wurden einfach die Zeichen der Zeit erkannt und der Liebe Gott konnte den Warrior endlich guten Gewissens in den Himmel holen? Dies kann niemand beantworten. Menschen aus aller Welt sind geschockt. Sie rätseln, weinen und trauern einem weiteren Idol der Vergangenheit hinterher. Es ist mit großer Überzeugung davon auszugehen, dass der Ultimate Warrior mit all der neuen positiven Energie dem Business noch so viel hätte geben können.

Aber nun ist der Kreis geschlossen. Das Ende ist wie erwähnt ein Dilemma, aber wer weiß, welche Qualen James Brian Hellwig noch abseits des Rampenlichts ertragen musste? Oberflächlich betrachtet schien er bereit zu sein für den Abgang, denn in den drei vergangenen und wichtigsten Tagen seiner Wrestling-Karriere wurde alles gesagt, was gesagt werden musste. Die Angehörigen brauchen in diesen Stunden, Tagen und Wochen immens viel Kraft. Mehr Kraft, als der Warrior selbst je hatte. Denn die Gefühlslage der Verwandten und Freunden gleicht einem freien Fall, eine Kehrtwende um 180 Grad. Seine Kinder sind noch jung, erlebten bei der Hall of Fame Zeremonie einen ergreifenden Moment. Und jetzt ist der Mann, den sie noch auf die Bühne begleitet haben, nicht mehr da? Innerhalb von wenigen Tagen? Er stand erst vor weniger als 48 Stunden noch in einem Ring und wirkte so erlöst, so zufrieden.

Der Tod vom Ultimate Warrior ist eine weitere Tragödie des Wrestling-Sports, die in ihrer Traurigkeit und Ironie nicht zu überbieten scheint. Das schillernde WrestleMania, die epische Hall of Fame – alles Fassade. Das tragische Ablegen von James Brian Hellwig holt uns wieder auf den Boden zurück.

Rest in Peace.

Twitter: @svenundso




9 Antworten auf „Smart Mark Report #6“

PushTheHeels sagt:

Nach diesem sehr gelungenen und pietätvollen Artikel versuche auch ich gemäßigte Worte zu finden: Es ist eine Tragödie und ich denke unser aller Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.
Aber man kann auch sehr schön erkennen, dass der Wrestlingsport nicht nur diese schillernde Fassade ist, dass man nicht nur von einer riesigen Crowd jede Woche gefeiert wird. Es gibt auch diese Kehrseite die kaum einer sieht…

Black_Dog sagt:

Großes Lob für den Artikel!

Quacki sagt:

Ja, diese Woche war für den WWE-Fan ein ziemliches Auf und Ab. WM war gut, mit einigen Schockmomenten; Raw brachte den Turn von Cesaro zum Heyman-Guy, yeah!!. Und dann stirbt der Warrior. Absolute Achterbahnfahrt.

Es ist aber schon der Hammer, wie sehr die Wrestler teilweise unter ihrem Sport leiden und gelitten haben. Ich weiß nicht, ob das mit den Steroiden heutzutage besser ist. Aber Leiden im Allgemeinen gehören dazu, das ist nun mal so. Eigentlich ist jeder Wrestler ein Verrückter, weil er sich freiwillig immer wieder verletzt, sogar schwer teilweise. Mick Foley schlug es selber vor, dass der Taker ihn vom Zellendach wirft. Verrückt sind Wrestler aber, weil sie mit Leib und Seele unterhalten wollen, eine gute Show bieten wollen. Und die „Holy Shit“-Momente sind einfach der Wahnsinn im positiven wie im negativem Sinne, auch wenn das dem Wrestler in 20 Jahren eine neue Hüfte beschert (wenn er denn das Alter erreicht …).

Ed van Schleck sagt:

Guter Artikel !

Aber schade, dass ihr jetzt auch dieses unnötige Daumen hoch/runter System einführt…unnötig

BadNewsBarrett sagt:

@Ed: Das gehört hier nicht hin.. Es wird eine Legende geehrt.

Jerichshow sagt:

Super Artikel!!
Fazit aber auch: Die WWE „frisst“ Menschen!

Sven sagt:

Danke für euer Feedback Leute! Es ist in der Tat so, dass das Wrestling auch heute noch eine enorme Anstrengung darstellt. Wie Daniel Bryan bereits einmal in einem Interview sagte: Es tut IMMER etwas weh, man ist nie bei 100%. Trotzdem sind die Akteure mehr als 300 Tage im Jahr auf der Road, nehmen waghalsige Bumps – und auf Dauer steht das der Körper sowieso nicht durch. Wenn man die Anzeichen durchgehend ignoriert, wie es zum Beispiel ein Hulk Hogan gemacht hat oder möglicherweise auch der Undertaker, ist man nach 15 bis 20 Jahren komplett im Arsch. Der Undertaker ist mit knapp 50 eigentlich ein Wrack, Hogan kann ohne Spritzen wahrscheinlich kaum noch richtig gehen. Bumps sind schon gar nicht mehr drin.

Weiterhin waren diese Daumen hier glaube ich schon immer da, nur seit heute sind die extrem groß und komischerweise gleich doppelt da, also oben und unten. Das ist bestimmt nicht so gewollt.

hornswoggle-fan sagt:

Es gibt ne sehr interessante Doku zu dem Thema Schmerzmittel und Tablettenmissbrauch (zwar UFC aber egal, bei WWE ist’s ja genauso):

The Smashing Machine: The Life and Times of Extreme Fighter Mark Kerr

Kann man auf Youtube oder dailymotion finden

Second City Saint sagt:

Da bleibt mir nur zu sagen…Respekt!!! Ein großartiger Artikel!!!
RIP Warrior!!!

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