Das war sie also, Final Battle. Eine Show, die gehyped wurde, als würde sie eine neue Ära der Wrestlinggeschichte einläuten. Doch konnte sie halten was sie versprach, konnte sie die Erwartungen erfüllen? Insgesamt schon.
Denn es ging gleich zu Beginn richtig zur Sache. Elgin vs. Strong als Opener, unser kleines Grüppchen, welches sich zum gemeinsamen sehen im Skype getroffen hat, war erstmal baff. Und die Beiden zeigten, warum die Vorfreude auf dieses Match gewaltig war. Es wurde ein unglaublich hohes Tempo an den Tag gelegt, niemand schenkte dem anderen auch nur einen Augenblick um verschnaufen zu können. Am Ende machte Truth Martini den Unterschied, als er sein Book of Truth in den Ring schob und Strong damit den Sieg abstauben konnte. Doch weder der siegreiche Strong, noch der unterlegene Elgin erlagen dem Begehren von Martini, Elgin hämmerte seinen früheren Manager sogar aus dem Ring. Damit leitete man die möglicherweise größte Fehde des kommenden Jahres ein, es bleibt aber weiterhin die Frage, was aus Martini wird. Ein Abschied wäre verschwendetes Potential, das House of Truth ist jedoch zumindest für den Augenblick Geschichte.
Weiter ging es anschließend mit Lethal vs. Rhino. Keine Offenbarung, aber dennoch besser als erwartet und recht kurzweilig. Wirklich interessant wurde es erst nach dem Match, als Steve Corino in den Ring kam und Lethal zusammen mit Jimmy Jacobs und Rhino in die Schranken wies. Corino sprach mir hier aus der Seele, denn Lethal hatte im Main Event nichts verloren und es stimmte mich euphorisch, dass ein möglicher Eingriff hier offensichtlich schon vom Tisch war.
Was folgte waren die beiden größten Überraschungen des Abends. Zunächst lieferten sich RD Evans und Prince Nana ein ziemlich unterhaltsames Match, an deren Ende der eigentlich langzeitverletzte Ciampa bereits wieder zurückkehrte und Rache in Richtung von RD Evans schwor. Doch wirklich spektakulär wurde es erst danach, beim Street Fight zwischen WGTT und Titus/Whitmer. Hatte ich im Vorfeld besonders von diesem Match nichts erwartet, so muss man hinterher neidlos anerkennen, dass beide Teams hier eine großartige Leistung zeigten. Unglaublich intensiv geführt, ein paar kranke Spots und eine tolle Interaktion mit den Fans. Vor allem die „Merry Christmas“-Chants nach dem Einsatz von Zuckerstangen und Weihnachtsbaum waren einfach herrlich.
Dennoch verbleibt ein leicht fader Beigeschmack, die Landung von Whitmer mit dem Kopf voran in den Tisch sah einfach zu ungesund aus und beim Einsatz der Ringabsperrung musste ich doch immer mal wieder die Luft anhalten, die Teile sind einfach übelst gefährlich.
Die fantastische erste Hälfte der Show endete schließlich mit dem Karriereende von Jerry Lynn, zumindest was Ring of Honor angeht. Erwartungsgemäß setzte sich hier Bennett durch, doch das Match wusste zu unterhalten und die Aktionen nach dem Match stimmten dann auch die Zuschauer vor Ort wieder froh. DDT gegen Maria in die Weichteile von Brutal Bob, Cradle Piledriver gegen Bennett, was will man mehr.
Bevor es dann aber wirklich in die Intermission ging, kam Nigel McGuinness mit einem Großteil des Rosters heraus und ehrte den sichtlich gerührten früheren World Champion. Ein absolut großartiger Moment, man konnte die Gänsehautstimmung auch am Monitor fühlen.
Als wir uns dann schon auf das Pausenbier einstellten, erschien aber plötzlich erneut Jay Lethal und nicht nur mir ging der Arsch auf Grundeis. Lethal wollte sich selbst durch seinen Survival of the Fittest Spot in den Main Event booken, ein Horrorszenario nach dem anderen spielte sich nicht nur in meine Kopf ab und ein gewisser Herr verwies schon mal auf seine Aussagen aus dem letzten Podcast. Doch Nigel wies ihn ab und Lethal drehte (mal wieder) durch und rotzte dem Matchmaker aufs Jackett. Nach kurzem Brawl ließ er Lethal aus der Halle werfen, doch ein ungutes Gefühl in Richtung Main Event blieb…
Insgesamt muss man aber sagen, dass der Angle über den gesamten Abend hinweg schon verdammt stark war und Lethal weiter als Gefahr etablierte. Nur wo will man damit hin? Ich ahne ja schon, dass er derjenige sein wird, der Steen entthronen soll. Aber ist es da wirklich von Vorteil ihn so zu positionieren? Mit Steen haben wir schon den Rebell gegen das Regime, man tut sich in meinen Augen keinen Gefallen damit, Lethal in die gleiche Richtung zu schicken.
Nach dieses Mal recht kurzer Pause wollte ich dann meinen Augen nicht trauen. Steht da wirklich Mike Mondo im Ring? Ja, er stand dort und kündigte seine baldige Rückkehr an. Ich gebe zu, ich bin etwas voreingenommen, aber der Kerl ist einfach eine Graupe. Das Publikum außerhalb von Baltimore denkt aber anscheinend zumindest ähnlich und so konnte Mondo nicht die erhofften Reaktionen ziehen. Selbst der Angriff von O’Reilly und Bobby Fish, dem verschollenen Bruder von Chris Masters, zog die Aufmerksamkeit einzig und allein auf Richards und später Edwards, Mondo wirkte wie ein Fremdkörper.
Das folgende Tag Team Match zwischen den Wiedervereinigten American Wolves und O’Reilly/Fish hielt dann was es versprach. 12 ½ Minuten pure Action, Speed und spektakuläre Aktionen. So weckt man die Fans nach einer Intermission wieder auf. Hier hatte ich allerdings eigentlich damit gerechnet, dass das Match noch 5 Minuten mehr bekommen würde, ein Gedanke, der im weiteren Verlauf der zweiten Hälfte noch öfters fallen sollte.
Zum einen beim nachfolgenden Match zwischen Hardy und Adam Cole. Man, was habe ich den Einmarsch von Hardy genossen. Selten gab es bei ROH einen Wrestler, der von den Fans so geschlossen ausgebuht wurde wie Hardy. Während an anderer Stelle der normale Heel-Heat einsetzte, herrschte gegen Hardy eine komplette Antipathie. „Fu** you Hardy“ machte die Runde und brachte Adam Cole in eine Situation, bei der die gesamte Crowd hinter ihm stand. Aber ungeachtet der Fanreaktionen machte sich Hardy gar nicht mal schlecht, er wirkte etwas träge, das Match war aber dennoch ganz passabel. Etwas störend waren die vielen Side Effects, irgendwie provozieren es die Hardys einfach, auf einige, wenige Moves reduziert zu werden. Das Ende versetzte sowohl die Fans vor Ort, wie auch uns bei Skype in eine Art Schockstarre. Hardy hatte gewonnen! Really? Ja! Lowblow, Einroller und es war vorbei. Die Fehde mag weitergehen, am Ende mag Cole gewinnen, aber es bleibt ein fader Beigeschmack. Doch ich will nicht zu vorschnell urteilen, warten wir mal die kommenden Monate ab.
Noch zwei Matches waren offen und irgendwie bekam man das Gefühl, dass der Company die Zeit davon lief. Man hatte zwar vor einigen Monaten mal angedeutet, dass man die Shows nach Abzug der Intermission auf rund drei Stunden einkürzen wollte, aber doch bitte nicht bei Final Battle! Allem Anschein nach doch. Denn nach gerade einmal 7 Minuten war das Match um die Tag Team Titles auch schon wieder vorbei. Die Briscoes gewannen und irgendwie hatte keiner einen Plan, warum eigentlich. Natürlich muss man die Briscoes immer auf der Rechnung haben, aber brauchten sie ausgerechnet hier wirklich den achten Titelgewinn? Als Anführer der Revolution gegen SCUM ist diese Entscheidung vertretbar und macht auch irgendwo Sinn, aber wie schon im September hat man hier eine große Chance verpasst, Coleman und Alexander als Team an der Spitze zu etablieren. Auch wenn sie jetzt den ersten Titelshot bekommen, ohne Titel laufen sie im kommenden Jahr Gefahr, wieder in den Hintergrund zu rücken.
Anschließend war es endlich soweit. Ladder War IV. Man konnte dieses besondere Knistern spüren, diese Anspannung, die in der Luft lag. Und dann setzte sie ein, die Musik des Generic Luchador und die „Ole“-Chants brachten die Halle zum kochen. Nach Steens Einzug ging es auch gleich furios los. El Generico legte ein unglaubliches Tempo an den Tag und erwischte Steen damit auf kaltem Fuße. Doch der World Champion fing sich und dominierte im Anschluss einen langen Teil des Matches. Die Geschwindigkeit nahm deutlich ab und es wurde ruhig in der Halle. Die Anspannung wurde immer größer, kranker Spot reihte sich an kranken Spot und das Match erzählte die Geschichte vom Unterlegenen Generico, der dennoch nicht aufgab und immer wieder zurückkam. Nach einem Package Piledriver von Generico an Steen kochte die Halle dann wieder, für den Sieg reichte es aber nicht. Steen stand schnell wieder und nach einem Package Piledriver seinerseits durch eine Leiterkonstruktion war die Hoffnung des ROH Managements geschlagen.
Betrachtet man das gesamte Match, muss man festhalten, dass es wirklich stark war. Intensiv geführt, gutes Storytelling und teilweise schon zu böse Spots. Doch irgendwie wollte der Funke bei mir lange Zeit nicht so wirklich überspringen, vielleicht waren es nach schnellem Beginn zwischendurch zu viele Längen. Vielleicht war es die doch recht ruhige Atmosphäre im Main Event. Vermutlich war es aber einfach nur Nigel McGuinness der als Kommentator fehlte.
Das war sie also, die letzte und größte Show des Ring of Honor Jahres. Und sie hielt was sie versprach. Unter dem Strich war es ein wirklich großartiger Event, dem allerdings am Ende etwas die Luft ausging. Zu sehr hatte man in der zweiten Hälfte das Gefühl, dass man krampfhaft die 3 Stunden-Marke nicht überschreiten will. Und so litten vor allem die großen Tag Team Matches darunter. Hier hätte ich mir schon ein zweites Match mit 20 bis 25 Minuten gewünscht.
Die erste Hälfte des Events war aber überragend, auch was die Segmente und die Erzählung und Weiterführung der Storys angeht. Und der Main Event war stark, richtig stark sogar, auch wenn hier gemessen an der extrem hohen Erwartungshaltung ein tacken fehlte, aber das ist meckern auf hohem Niveau.
Wirklich vermisst habe ich lediglich Nigel McGuinness als Kommentator. Nichts gegen den guten Caleb Seltzer, aber er ist einfach zu ruhig, zu blass, zu emotionslos. McGuinness versteht es wie kein zweiter, einem Match nur durch seine Stimme und seine Emotionen einen richtigen Schub zu geben. Wie genial ging er bspw. beim Glory by Honor Main Event ab. Genau diese Emotionen fehlten immer mal wieder an einigen Stellen, besonders deutlich wurde es beim Main Event. Ich bin mir absolut sicher, dass ich das Match noch deutlich stärker wahrgenommen hätte, hätte McGuinness kommentiert. Und so gut seine neue Rolle als Matchmaker auch ist, man sollte sich zum Wohle des eigenen Produktes die Frage stellen, ob man ihn nicht zumindest in den wichtigen Matches auch kommentieren lässt.
Damit beende ich diese eher sehr spezielle Ausgabe von Week of Honor und verabschiede mich damit in die Weihnachtspause. Weiter geht es hier im neuen Jahr und ich hoffe, ihr seid wieder mit von der Partie. Die Euphorie konnte ROH zumindest bei mir auch nach dem Event aufrecht erhalten, daher schaue ich zunächst einmal positiv in die Zukunft. Von daher, Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!
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