Schon nächstes Wochenende findet wXw’s World Tag Team Festival & Femme Fatales-Wochenende statt – vom Freitag, 4. Oktober, bis Sonntag, 6. Oktober. Als offizieller Sponsor des Events haben wir von Wrestling-Infos.de wieder die Möglichkeit erhalten, einige der Teilnehmer*innen zu befragen.
Das zweite Interview unsere Reihe durfte Katha mit Jane Nero führen. Obwohl die Wrestlerin erst vor einem Jahr ihr Debüt im Ring gab, hat sie schon halb Wrestling Deutschland besucht und konnte über achtzig Matches bestreiten. Wie hat sie ihren Weg zum Wrestling gefunden, was ist ihr Mindset bei einem so vollen Kalender und was hat sie so für ihre Zukunft geplant. Viel Spaß beim Sehen, Lesen oder Hören!
Anmerkung: Das Interview wurde am 30.09.2024 aufgezeichnet.
Transkript vom Video-Interview:
Katha (W-I): Hallo die Wrestlingfans, mein Name ist Katha von Wrestling-Infos.de und bei mir ist Jane Nero. Wer deutsches Wrestling gerne mal live sieht, hat sicher schon von ihr gehört oder sie gesehen. Obwohl sie noch nicht so lange dabei ist, ist sie schon richtig viel rumgekommen. Aber erst mal Hallo, wie geht es dir, bist du fit?
Jane Nero: Halli Hallo, ich freue mich da zu sein. Wie geht’s bestens, ich bin fit. Genau ein großes Wochenende steht bevor und ich freue mich sehr darauf.
Katha (W-I): Genau wXw‘s World Tag Team Festival und Femmes Fatales-Wochenende ist unser Anlass zu sprechen. Also lass uns erst mal darüber reden. Dein erstes Femme Fatales und auch dein erstes großes wXw-Wochenende. Was erwartest du?
Jane Nero: Auf jeden Fall. Also es ist eine große Sache für mich. Ich freue mich. In Deutschland gibt es ja jetzt nicht viele Shows, wo tatsächlich nur Frauenwrestling stattfindet. Project Nova hat immer einmal im Jahr so eine Female-Show, wo ich auch schon dieses Jahr das erste Mal teilnehmen durfte. Jetzt für die wXw, für die größte europäische Promotion, das ist natürlich eine Herzensangelegenheit, da ein Teil davon sein zu dürfen und dann im Turnier stehen zu dürfen, ist natürlich eine tolle Sache.
Katha (W-I): Debbie Keitel ist deine erste Gegnerin. Sie ist vor allem sehr selbstbewusst. Was erwartest du denn von dem Match?
Jane Nero: Ich habe tatsächlich vorher, als Vorbereitung ihr Interview gelesen und dachte auch, „OK, das wird auf jeden Fall eine Herausforderung“. Ich finde wirklich toll bei der wXw, dass man ab und zu eine internationale Gegnerin vor die Fäuste bekommt. In dem Fall ist es ein ganzer Tag, wo ganz viel internationale Wrestlerinnen da sind, wo man mit denen in Berührung kommen kann. Und das ist natürlich eine absolute Chance, dort eine Erfahrung draus zu ziehen und bestenfalls geht es dann für mich auch in eine zweite Runde, also sozusagen in das Finale entweder gegen Rhio oder Anita Vaughan. Das ist natürlich das Oberziel.
Katha (W-I): Abgesehen davon, auf wen du triffst, wer wäre denn von den Teilnehmerinnen deine Traumgegnerin?
Jane Nero: Gegen Anita Vaughan hatte ich schon mal das Glück, im Ring zu stehen. Die Frau ist ein Ausnahmetalent, die ist grandios. Neben ihr natürlich Rio. Auf jeden Fall eine ganz große Hausnummer bei Progress. An ihr kommt man auch nicht dran vorbei und ja, das wäre krass.
Katha (W-I): Du hattest erst letztes Jahr im August dein Debüt, bist aber schon wirklich viel rumgekommen. Siehst du dich denn selbst noch als Anfängerin?
Jane Nero: Ja, auf jeden Fall. Also, wie gesagt, letztes Jahr am 18.08. hatte ich mein In-Ring-Debüt. Ich konnte in dem Jahr, also ja, ungefähr in über achtzig Matches schon Erfahrung sammeln. Das war eine große Hausnummer, aber natürlich bin ich trotzdem nicht so erfahren und rumgekommen wie andere. Also da fehlt mir tatsächlich trotzdem noch dieser Zeitfaktor. Ja, ich versuch das mit den vielen, vielen Shows, die ich arbeite, irgendwie aufzuholen. Aber, man lernt nie aus. An dem Punkt bin ich auf jeden Fall noch nicht angekommen.
Katha (W-I): Du bist auf jeden Fall mehr rumgekommen als die meisten Rookies. Was ist es bei dir? Der Drive, das Engagement oder auch Connections?
Jane Nero: Ich glaub mein ganz großer Vorteil ist, ich komme aus der Pro Werstling School in Dresden. Axel Tischer ist mein Trainer, Laurance Roman ist mein Trainer. Bei uns in der Schule trainiert nach der Nick Schreier, Ceritos, Dieter Schwarz, das sind alles Leute mit ganz viel Passion, die ganz ganz viel für das Wrestling opfern, die da sehr viel Zeit reinstecken, die es einfach lieben, jedes Wochenende unterwegs zu sein. So, und wenn man in so einer Umgebung trainiert, dann hat man eigentlich gar keine Chance, um diesen Drive drumherum zu kommen. Also, ich habe das selbst so, wo ich angefangen habe, dann habe ich das immer mitbekommen. Sonntags sind die meistens später zum Training gekommen, weil die vom Wochenende einfach noch unterwegs waren. Sind dann dazu gestoßen, haben sich noch ein bisschen gelockert, haben noch mitgemacht und dann später haben sich unsere Trainingszeiten erweitert. Man hatte dann immer mehr Berührungspunkte mit den Leuten und spätestens nach meinem Debüt habe ich mich dann auch einfach mit in die Autos gesetzt, wenn Platz frei war, und das war halt mein großer Vorteil. Ich wurde ganz zeitig schon mitgenommen. Ich bin schon mit den Promotions in Berührung gekommen. Ich hatte von Anfang an das Glück, von den Besten aus Europa lernen zu dürfen. Bin dadurch auch mit wXw in Berührung gekommen, Europas größte Promotion. Wenn man nicht dort lernt, wo dann? Ja, und so kam das nach und nach, dass ich selber auch mit in den Shows arbeiten durfte.
Katha (W-I): Du hast das gerade angesprochen, die Pro Wrestling School in Dresden. Ich durfte auch mal mit. Axel Tischer ein Interview führen. Wie würdest du die Schule denn beschreiben?
Jane Nero: Also für mich ist es der Place to be. Für die Schule bin ich nach Dresden gezogen, einfach um die Trainingszeiten wahrnehmen zu können. Wir haben das große Glück, wir haben drei Trainer bei uns, was wie gesagt, der Laurance Roman ist. Der macht immer die eine Einsteigerklasse, aber auch ein Performance-Training. Er zeigt dort mit wie man sich im Ring bewegt, Abläufe, wie man die Bewegungen im Ring gestalten kann, dass das anatomisch aussieht. Genau, dann haben wir den Franz Engel, ein ganzer fantastischer Wrestler, der aktuell, glaube ich, nicht aktiv im Ring ist, aber halt super mega viel Erfahrung mitbringt. Der ist so in der Mitte, trainiert so eine Zwischenklasse, zwischen den Neueinsteigern, aber auch denen, die schon im Ring stehen. Der bringt natürlich seinen Input mit aus seinen vielen Jahren Erfahrung. Und dann natürlich Axel Tischer, der immer mittwochs die Pro Class gibt. Das ist einfach ein unheimlich großer Wissensschatz, den er an uns weitergibt. Jeden Mittwoch überlegte er sich dort ein Hauptthema für das Training, und das wird einfach im kleinsten Detail auseinandergenommen. So dass man wirklich in diesen drei Trainings in jede Richtung gefordert und gefördert wird. Und man hat eigentlich keine andere Wahl, außer Wachsen zu können. Und das ist toll. Ja, und dann natürlich dadurch, dass Axel Tischer, oder Lauri auch, so etabliert in Deutschland sind, haben die auch die Connections zu allen anderen Promotions in Deutschland. Also wenn wir jetzt zum Beispiel – man ist bei der wXw und man kann in die Academy gehen, kann dort ein Training mitmachen. Da gibt es eine Kooperation zwischen unserer Schule und der wXw Academy. Das ist halt auch einfach Gold wert, dass wir diese Connections, eben die Möglichkeit haben, in ganz Deutschland von den Besten zu lernen.
Katha (W-I): Was war so der wichtigste Ratschlag, den du von den drei Trainern bekommen hast?
Jane Nero: Der wichtigste Ratschlag. Eigentlich war das tatsächlich schon bevor es losging mit meinem allerersten Match. Die haben immer gesagt, seid dann bereit, habt einen Plan für euch. Wer möchtest du im Ring sein? Hab einen Namen, hab eine Gier, hab einen USB-Stick mit deiner Musik. Wenn du irgendwo hinfährst, zu einer Veranstaltung, du bist nicht gebucht, du schaust einfach nur als Zuschauer zu, hab immer dein Köfferchen dabei. Und das war so ein Ratschlag, das hat einem so viel gegeben. Man ist da tatsächlich einfach mal mitgefahren, nicht gebucht, wollte nur die Jungs mit unterstützen und dann ist halt einfach ein Platz auf der Karte frei geworden und man durfte nachrücken.
Allgemein das komplette Mindset, muss ich auch sagen, stimmt einfach in der School. Erstmal Höflichkeit. Also ich bin zum ersten Training gekommen, jeder hat sich vorgestellt, man wusste den Namen. Dann war das auch das erste Mal, dass ich mit rausgenommen wurde zu einer Wrestling-Show. zum Zuschauen, weil auch das vorher gesagt wurde. Einfach diese Knigge. Man geht zu jeder Person hin, stellt sich vor, wer ist man, wo kommt man her. Also diese Ganze, alles was mit Anstand zu tun hat, wird halt vermittelt, das Miteinander wird vermittelt. Das ist so viel wert. Man denkt zwar immer, es ist selbstverständlich, aber es ist halt heutzutage alles nicht mehr selbstverständlich, wie man dann mitbekommt. Umso schöner ist es halt, dass es Dinge sind, auf die in der Schule sehr viel Wert gelegt wird. Letztendlich ist es ein Miteinander. Wir sind jedes Wochenende so viel unterwegs, wir müssen miteinander klarkommen, wir müssen miteinander arbeiten und das funktioniert halt nur, wenn die Grundstimmung miteinander passt.
Katha (W-I): Wer war oder ist dein größter Einfluss im Wrestling außerhalb der Schule?
Jane Nero: Außerhalb der Schule, ich glaube, das kann ich gar nicht so definieren. Wie gesagt, ganz am Anfang, hat es angefangen in der Schule. Dann bin ich, wie gesagt, auch relativ schnell bei der wXw mit aufgenommen worden, war in der Akademie zum Trainieren. Wo man dann natürlich als Headcoach Robert Dreissker hat, Peter Tihanyi. Dann bin ich inzwischen auch sehr viel bei Fightback Wrestling in Frankfurt. Aaron Insane, der Trainer ist und wunderbaren Input gibt. Das ist auch sehr wichtig, dass man so viel Wissen wie möglich versucht aufzusaugen und für sich mitzunehmen, herauszufinden, was ist das, was mich weiterbringt. Was ist das, was zu mir passt. Von daher würde ich das jetzt gar nicht auf eine Person beschränken wollen, weil das einfach ungerecht wäre. Ich habe da ganz viele Einflüsse, für die ich super mega dankbar bin. Genau.
Katha (W-I): Warst du schon als Kind Wrestling-Fan?
Jane Nero: Ich habe tatsächlich mit Wrestling-Schauen mit meiner Familie in einem Österreichurlaub angefangen. Also wir haben abends einfach durch das Programm gezappt und dann kam auf einmal der Great Khali, wie er jemanden am Kopf gepackt hat und den Kopf halb zerdrückt hat und meine Mom meinte, so „Hey, das habe ich schon gesehen, wo ich mit der schwanger war“. Dann haben wir die Folge geschaut und irgendwie hat es mich total in den Bann gerissen. Was sie dort gemacht haben und wie selbstbewusst die Menschen waren. Jetzt sieht man das natürlich noch mal aus einer ganz anderen Perspektive, aber wie die einen einfach für sich so einnehmen konnten, wie die einen gefesselt haben. Smackdown war dann vorbei und man hat trotzdem noch drüber nachgedacht über die Charaktere. Es war wirklich faszinierend und so ging das dann los, dass ich jede Woche Smackdown geschaut habe. Das war auch das Einzige, was ich geschaut hab, bevor ich selber mit Wrestling angefangen habe. Was Anderes kannte ich eigentlich nicht. Ja, aber Smackdown Samstagabend war eigentlich immer fest im Plan drin.
Katha (W-I): Du hast aber zuerst mit Boxen angefangen.
Jane Nero: Genau, also 2009 habe ich im Verein mit Boxen angefangen. War selber auch aktiv. Hab jetzt nicht wirklich viele Kämpfe bestritten, das liegt auch einfach da dran, es gibt nicht viele Frauen beim Boxen, Ist halt einfach ein Männersport, muss man so sagen. Und dann, Boxen ist halt auch an die Gewichtsklassen gebunden, an Altersklassen und an Erfahrungsstufen. Also dort wird nie jemand mit ein bis zwei Kämpfen gegen jemanden mit fünfzig Kämpfen in den Ring steigen. Und genauso niemand mit sechzig Kilo gegen jemanden mit neunzig Kilo. Das wird nicht funktionieren. Das ist das Problem. Es gibt nicht viele Frauen und dann wird man selber ja auch immer irgendwie älter, wie auch immer das passiert, Jahre vergehen, und dann steht man vielleicht einer Sportschülerin aus dem Sportgymnasium gegenüber. Die trainieren zehn bis elf Mal die Woche und da kommt man halt mit seinen vier bis fünfmal in der Woche einfach nicht dran, leistungstechnisch. Das muss man sich dann einfach eingestehen. Ja, dann bin ich halt irgendwann an den Punkt gekommen, dass ich mir so dachte, „OK, ich stell mich hier drei bis viermal die Woche hin, versucht das zeitlich immer alles zu schaffen, aber wofür letztendlich? Ne. Also was ist mein Output, den ich dort irgendwie bekomme?“ Ja, also mir hat es immer Spaß gemacht. Ich habe auch einen Trainerschein fürs Boxen gemacht. Hatte dann Frauengruppen, wirklich cool. Das waren Frauen die waren irgendwo zu alt für diesen Leistungssport, für junge Leute aber auch noch zu jung für Rentnersport und genau die wollte ich abfangen So was dreißig bis meine Tante mit 65. Und ja, wir haben uns dann immer ein bis zweimal die Woche getroffen und dann habe ich die Grundlagen gezeigt und die hatten einfach so Bock, die waren da so mit Lust dabei und ja das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Aber, habe ich leider auch fürs Wrestling aufgegeben, diese Frauengruppe, aber ja, das war wirklich cool. Und so bin ich auf jeden Fall dann irgendwie zu Wrestling gekommen. Ich habe einfach gesagt, „Okay, ich probiere jetzt einfach noch mal irgendwas Neues aus“. Und hab dann irgendwann entschieden, „OK Let’s Go nach Dresden“.
Katha (W-I): War denn der Übergang schwierig für dich?
Jane Nero: Erstmal die Entscheidung zu treffen, nach Dresden zu fahren, war schon irgendwo schwierig. Ich habe so fünfzig Minuten vor Dresden gewohnt und wenn man sonst nicht viel draußen unterwegs ist, da denkt man ja schon, „OK in die Großstadt, fünfzig Minuten Autofahren für ein Training, wo ich keine Ahnung habe, was passieren wird. Ich habe keine Ahnung; wer mich dort begrüßt, wer dort der Trainer ist, was überhaupt in dem Training passiert2. Dann hatte ich Anfang des Jahres 2022 schon mal die Überlegung, habe die erstmal wieder verworfen und dachte dann aber im August 2022 so, „OK, was hast du zu verlieren?“ Ja da war es also die Überwindung, weil ich war halt allein. Also Wrestling ist so ein Randsport, da kann man nicht einfach mal schnell jemanden überzeugen mitzukommen. Und dann habe ich aber irgendwie im Auto gesessen, auf der Autobahn dreimal überlegt, ob ich nicht vielleicht doch noch irgendwie umdrehe. Schwierig auf der Autobahn. Ja, da bin ich in Dresden angekommen und wurde ganz lieb begrüßt und wurde irgendwie sofort in den Bann der Pro Wrestling School gezogen.
Katha (W-I): Bereits Kampfsport zu machen, ist auch ein Vorteil im Wrestling. Viele sehen aber auch einen Nachteil darin, wo siehst du denn so die Vorteile und Nachteile?
Jane Nero: Also Vorteil war natürlich auf jeden Fall, dass ich schon mal in einem Ring-Quadrat gestanden habe. Ich wusste schon mal, wie groß ist so ein Ring ungefähr ist, wie weit bewegt man sich. Beim Boxen, ist auch wichtig, dass man nicht in den Seilen hängt, dass man, wenn man sich im Ring bewegt und die Seile berührt, dass man bestenfalls nicht in der Ecke landet, weil dort wird es halt auch mal gefährlich. Ringübersicht, auf seinen Trainer hören so, sowas, das waren glaub ich schon die Vorteile. Dann natürlich auch Fußarbeit, die beim Wrestling und beim Boxen total wichtig sind. Und ich glaub so das Boxtraining, was ich über viele Jahre gemacht habe. Wie gesagt, ich habe das nicht professionell gemacht, das war alles auf Amateur/Hobby-Ebene, aber trotzdem hat es einem natürlich irgendwo dieses Durchalten gelehrt. Training war trotzdem anstrengend. Man hat ab und zu Schläge abbekommen, die natürlich weh tun. Boxen ist kein Spaß, es ist ein Kampfsport und das größte Ziel ist dort seinen Gegner KO zu hauen. Ja, und es gibt einen natürlich schon irgendwo eine Grundhärte mit, aber es gibt einem auch dieses Durchhaltevermögen mit. Also es tut weh, man beißt die Zähne zusammen und macht trotzdem weiter, man geht trotzdem wieder zum nächsten Training. Das sind so Punkte, die mir gerade am Anfang vom Wrestling-Training sehr geholfen haben. Wrestling ist ja jetzt auch kein Spaß, man fällt auf eine harte Matte, man bekommt genauso Schläge, Tritte ab. Und ja, wenn man zu zart besaitet ist, dann hält man das, glaube ich, auch alles nicht durch. Und genauso mit dem Training. Ich sag mal die Fans, die Shows besuchen, die sehen letztendlich das fertige Produkt, die sehen die Show am Show-Tag, aber dort steckt er so viel mehr Arbeit drin. Nicht nur das Wrestling-Training an sich gehört dazu, genauso der Weg zum Fitnessstudio, es gehörte gesunde Ernährung dazu. So viele Faktoren, die ein gutes Wrestling beeinflussen, das Bedarf einfach nur in gewissen Disziplinen und ich denk die gibt einem so ein Kampfsporthintergrund schon ganz gut mit. Oder jeder der irgendeinen Leistungssport davor betrieben hat, da hast du auf jeden Fall Vorteile.
Katha (W-I): Blockiert dich denn die Boxerfahrung auch in bestimmten Bewegungsabläufen?
Jane Nero: Also am Anfang. Tatsächlich ist es mir schwergefallen, alles was dann so Richtung Bodenarbeit ging, durchzuführen. Gerade beim Boxen ist es ja wichtig immer seinen Abstand zum Gegner zu wahren. Ist man zu nah dran, kann es ganz einfach böse enden. Und beim Wrestling gibt es auch viele Technikformen, wie zum Beispiel so ein Side-Head-Lock, wo man einfach nah am Gegner dran ist. Und das war für mich halt komplett alles neu, das war Neuland, wo ich mich auch erstmal mit zurechtfinden musste.
Katha (W-I): Machst du denn nebenbei noch Boxen oder gar nicht mehr?
Jane Nero: Also nachdem ich nach Dresden gezogen bin, habe ich tatsächlich, wie gesagt, diese Frauengruppe noch aufrechterhalten, beziehungsweise hab die nach Dresden verlagert, hab dort Training gegeben. Aber selber aktiv noch zum Training hinzugehen, ist nicht drin. Was ich immer versuche, ist, einmal in der Woche so eine Trainingseinheit am Boxsack durchzuführen, ganz einfach, weil es unheimlich gut ist für die Cardio. Man hat immer so drei Minuten, wo man aktiv am Boxsack arbeitet, wo man versucht nicht nachzulassen, wo man kleine Intervalle einpackt. Dann hat man eine Minute Regenerationszeit. Es ist ein geiles Intervalltraining, passt einfach super zum Wrestling.
Katha (W-I): Du hast auch angesprochen, Boxen ist eher so ein Männersport. Beim Wrestling ist es auch noch sehr männerdominiert, auch wenn die Frauen quasi im Kommen sind. Dein Debütmatch war ja auch ein Intergender Match, richtig?
Jane Nero: Richtig. Genau.
Katha (W-I): Und du hattest auch schon einige Intergender–Matches. Was sind für dich die größten Unterschiede, ob du einer Frau oder einem Mann im Ring gegenüberstehst?
Jane Nero: Letztendlich, und das ist auch das Schöne beim Wrestling, kommt es immer drauf an, wie groß ist der Gegner, wie breit ist er gebaut, wie klein ist der Gegner, wie schmal es da gebaut. Je nachdem passt man ja immer seine Strategie an, wie man an den Kampf ran geht und dann ist es auch relativ egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Man muss immer schauen, was ist das für ein Gegner, wie ist er gebaut, was sind so seine Parade-Disziplinen. Ich habe jetzt einen Kampf gegen die Debbie, dann schaue ich mir halt im Vorhinein Matches von ihr an, damit ich einfach schon mal weiß, „OK, was macht sie im Ring. Wie kann ich auf Dinge eingehen? Wie kann ich was kontern? Wie kann ich das Arbeiten?“. Genau, wie gesagt, ob nun Mann oder Frau das ist immer die gleiche Herangehensweise. Jeder ist eine eigene Herausforderung für sich und ganz interessant wird es dann immer, wenn es um Intergender-Tag Teams geht. Beispielsweise, da bin ich mit dem Emil Völler als „Sportfreunde Ost“ ganz oft in Deutschland unterwegs. Dann wird es noch mal interessanter, weil dann hat man zwei Gegner im Ring, meistens Mann und Frau. Da ist dann immer viel Kreativität gefragt.
Katha (W-I): Du hast eine eher frische Perspektive, deswegen eine offenere Frage: Intergender Wrestling ist im Mainstream jetzt nicht so sonderlich populär, was denkst du müsste passieren, dass ich das ändert?
Jane Nero: Irgendwo kann man es ja auch verstehen, weil oftmals werden Geschichten dort einfach falsch erzählt und ich glaub das Problem ist auch noch, also was heißt Problem, es gibt immer verschiedene Darstellungsformen, wie man selber im Ring rüberkommen möchte So Kämpfer-Gimmicks wie zum Beispiel mein, Stephanie Maze, Jessie J, die in einem Intergender Match werden glaube ich weniger hinterfragt, als jemand der halt viel auf die Optik achtet. Vielleicht knapp bekleidet ist, schaut, dass kein Fingernagel abbricht, dann ist halt immer schwierig, da die Leute oder eine gewisse Ernsthaftigkeit reinzubekommen. Ich denke, wenn wir mehr Frauen haben, die diese Ernsthaftigkeit in den Ring bringen, die Härte in den Ring bringen wollen, dann ist das der Weg. Dann wird auch in der Intergender Wrestling von allen angenommen.
Katha (W-I): Du bist ja eigentlich auch an einem ganzen guten Punkt eingestiegen ins Frauen-Wrestling. Es ist auf jeden Fall weiter, als noch vor ein paar Jahren, aber es gibt natürlich noch viele Hürden. Was sind denn in deinen Augen die größten Hürden noch?
Jane Nero: Meinst du jetzt von den Wrestlerinnen, die es schon gibt oder erstmal, dass Leute überhaupt zum Wrestling kommen? Also Frauen?
Katha (W-I): Das Frauen-Wrestling an sich populärer wird.
Jane Nero: Mhm, also ich denke, das Problem ist auf jeden Fall, wir sind zu wenige in Deutschland. Wenn man einfach nachzählt, man kommt vielleicht auf maximal zwei Hände voll und Wrestling wird gerade immer populärer. Wenn man schaut wie viele Veranstaltungen aktuell stattfinden, dann sind es gerne mal zwei bis drei pro Wochenende. Wenn wir jetzt aber sagen wir mal sechs aktive Frauen hat und es finden drei Veranstaltungen statt, dann ist es schon schwierig, auf jeder Veranstaltung mindestens eine Paarung hinzubekommen. Viele Frauen, also ich weiß nicht wie es bei anderen aussieht, ich versuche schon jedes Wochenende unterwegs zu sein, das ist vielleicht jetzt von anderen auch nicht unbedingt das Ziel. Also ich denke das Problem ist aktuell, wir sind einfach zu wenige. So hätten wir mehr die Möglichkeit, Kämpfe durchzuführen, Paarungen stattfinden zu lassen, auch verschiedene Paarungen stattfinden zu lassen, an denen man ja wächst, von denen man Erfahrung sammeln kann. Dann würde sich die ganze Qualität wahrscheinlich auch weiter nach oben verlagern.
Katha (W-I): Du hast jetzt so ein bisschen den Vergleich. Ich meine, du warst eben erst in Texas und hast dort gewrestelt. Vielleicht erst mal die Frage, wie kam das überhaupt zustande?
Jane Nero: Das ist tatsächlich auch über Fightback Wrestling zustande gekommen. Die hatten die Verbindung nach Amerika zu Sir Mo und SOAR. Und ja, genau, die Jungs von Texas waren da schon mal zu einer Veranstaltung in Deutschland und so kam dann der Austausch zustande, dass der Mo uns eingeladen hat, auch gern vorbeikommen zu können. Dann sind wir zu sechst rüber geflogen und haben da an zwei Veranstaltungen teilnehmen dürfen.
Katha (W-I): Und wie war deine Zeit dort?
Jane Nero: Ach so toll, es war auf jeden Fall zu kurz. Wir sind donnerstags hingeflogen, Montag zurück, Samstag und Sonntag jeweils eine Veranstaltung. Zu dem einen Veranstaltungsort sind wir auch dreieinhalb Stunden ungefähr gefahren, also ist jetzt nicht so, dass wir irgendwie viel Freizeit hatten, irgendwas vom Land gesehen haben. Was natürlich schade ist, aber die Erfahrung kann einem natürlich keiner nehmen, aus einem anderen Staat, also in Übersee zu sein, in Amerika zu sein, ist eine ganz andere Mentalität. Die Show, die wir machen durften, an dem Samstag, war jetzt nicht zu stark besucht. Also das war ein Publikum von dreißig bis vierzig Leuten. Das Ganze hat zum Beispiel in so einer Highschool Turnhalle stattgefunden. Man kennt vielleicht Highschool Musical, und genauso sah es tatsächlich auch aus, also das war schon mal eine Atmosphäre, die einfach anders war, als hier in Deutschland, als man es kennt. Genau. Also es war eine Erfahrung, die möchte ich nicht missen wollen.
Katha (W-I): Was ist denn für dich so der größte Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen Indie-Wrestling, wie du es jetzt zumindest kurz erfahren konntest?
Jane Nero: Ich wollte gerade sagen, ich glaub nicht, dass meine Zeit jetzt in Texas groß oder lang genug war, dass ich das wirklich einschätzen könnte. Das Einzige, was ich mitbekommen habe ist, dass die Feedbackkultur dort nicht vorhanden ist. Also ich würde sagen, gar nicht vorhanden ist. Bei uns ist es tatsächlich so, ein Match hat stattgefunden, wenn man das Glück hatte, dass der eigene Trainer, Coach oder irgendeine Vertrauensperson mit dabei war, sich das Match angeguckt hat, bekommt man danach ein Feedback, was man natürlich besser machen kann, weil das einfach ein Außenstehender besser sieht als man selbst. Wenn der Trainer nicht dabei ist, dann besteht ganz oft die Möglichkeit, dass man dem einfach das Match schickt, falls jemand gefilmt hat. Man bekommt dann qualifiziertes Feedback und kann dieses Feedback dann in die nächsten Kämpfe miteinbringen oder versuchen umzusetzen. In Texas hatten wir das tatsächlich gar nicht. Also ich hatte natürlich das Glück, dass Aaron Insane mit war, der Coach von Fightback Wrestling, aber ich hatte auch mit den Amerikanern dort gequatscht und die meinten, sowas gibt es bei denen einfach nicht. Die machen ihren Kampf, gewinnen, verlieren je nachdem wie es ausgeht. Ist aber nicht so, dass dann irgendwie der Veranstalter oder jemand, der erfahrener ist, zu den Leuten geht und sagt, „Hey so und so, dann hätteste vielleicht gewinnen können“. Was ich sehr schade finde. Also ich bin immer ein großer Freund von Feedback-Kultur. Ich finde auch immer, Lob ist schön, aber Lob bringt mich nicht weiter. Kritik bringt mich weiter, Kritik kann ich ins nächste Training einbringen, kann ich ins nächste Match einbringen und nur so kann ich besser werden.
Katha (W-I): Du warst auch schon in Ungarn. Hast du denn andere Länder, die irgendwie ganz oben auf deiner Liste stehen, wo du gerne wrestlen würdest?
Jane Nero: Aktuell tatsächlich Großbritannien. Also wenn man da rüber linst. Die haben eine wirklich große Frauenszene, sehr beeindruckend was die machen, ich find da ist auch eine gewisse Härte mit dahinter. Ja, gefällt mir sehr gut und das ist auf jeden Fall ein Ziel für 2025, dass ich versuch irgendwie mal nach Großbritannien zu kommen und von den Mädels oder mit den Mädels arbeiten zu können, von ihnen lernen zu können. Ja, weil wie gesagt, ich denke nur so kommt man weiter tatsächlich.
Katha (W-I): Das ist ja jetzt so ein kurzfristiges Ziel. Hast du auch so langfristige Ziele?
Jane Nero: Nee, aktuell tatsächlich nicht. Mein größtes Ziel ist verletzungsfrei bleiben, dann Spaß haben. Ich finde, das ist das allerwichtigste. Die meisten von uns haben neben dem Wrestling noch ein Privatleben, mit einem normalen Job. Wenn man eine Vierzig-Stunden-Woche arbeitet oder gerne auch mehr – damit man einfach so ein bisschen Pufferzeit hat, falls man doch mal eher los muss – dann ist man das ganze Wochenende unterwegs und dann ist man vielleicht mit dem Team unterwegs oder an Veranstaltungsorten, wo man keinen Spaß hat, wo das Klima nicht gut ist. Ich denke, das ist sehr unbefriedigend. Ne, also dafür mache ich es nicht. Ich freue mich jedes Wochenende, wenn ich irgendwo ankomme, sind ja dann doch immer wieder die gleichen Gesichter die man sieht. Man kommt dort in den Veranstaltungsort rein, man freut sich einfach sich wiederzusehen und genau das gibt mir so viel, also ganz ehrlich, dafür mache ich das. Und verletzungsfrei bleiben, ist natürlich ein großes Oberziel, mir den Spaß weiterhin zu bewahren. Ja, und dann natürlich Erfahrung sammeln, so viel wie geht und mich weiterentwickeln, für dieses Produkt Frauenwrestling auch irgendwo die Fahne hochzuhalten, mit einer gewissen Qualität. Es versuchen zu schaffen, dass das Frauen-Match auf einer Card nicht irgendwie ein Quoten-Match ist oder das Match, wo Leute denken, „okay jetzt ist mein Zeitpunkt gekommen schnell das Klo aufzusuchen oder mir noch ein Bier zu holen“, sondern dass sie genauso gebannt wie bei den Männer-Matches sitzen bleiben und sich das Ganze anschauen und genauso wahrnehmen, wie bei den Männer-Matches.
Katha (W-I): Dein Zeitplan ist schon krass. Ist Wrestling dann deine Auszeit oder brauchst oder wünschst du dir dann doch auch mal wirklich eine richtige Auszeit, um zur Ruhe zu kommen?
Jane Nero: Ja, es ist ein voller Plan, aber letztendlich suche ich mir das ja auch selbst aus. Also, wenn jetzt eine Promotion anfragt und das ist ein freies Wochenende und ich hätte da keine Lust drauf, dann müsste ich es ja nicht annehmen. Mich zwingt keiner in den Ring zu steigen, aber ich liebe das wirklich unheimlich und wenn da doch mal so ein freier Samstag ist, was vielleicht zwei oder dreimal dieses Jahr der Fall war, ist es einfach komisch. Das ist super ungewohnt und von daher: Wrestling ist meine Auszeit. Wir sind auch viel mit dem Auto unterwegs, wir fahren durch ganz Deutschland und das ist doch einfach schön. Zum Beispiel, wenn ich mit meinem Partner, mit Emil Völler unterwegs bin. Wir käsen die ganze Zeit rum, über Gott und die Welt, über ernsthafte Themen, über lustige Themen. Das ist eine schöne Zeit, die man miteinander hat und man kann den Kopf ausschalten. Macht einfach Spaß, von daher ja, es ist meine Auszeit. Ich war jetzt letzte Woche auch mal eine Woche im Urlaub. Das war auch schön, aber es war auch einfach wieder schön hier zu sein, wieder mit dem Wrestling anzufangen. Selbst das Training fehlt einem dann irgendwie nach drei vier Tagen, was total wild ist.
Katha (W-I): Eine letzte Frage. Am Ende eines jeden Interviews stelle ich gerne ein, „was würdest du lieber tun“ -Frage und das ist meine für dich: Würdest du die nächsten fünf Jahre lieber im Indie-Bereich deine Kilometer schrubben, als The Next Big Thing auch bei den größeren Ligen gelten und dann quasi dort im Main Event sein oder gleich den Durchbruch haben, aber dafür den Midcard-Bereich nicht verlassen?
Jane Nero: Ich denke tatsächlich Zweiteres. Weil das Ding ist. Ich glaub solange man als dieses Big Thing angesehen wird und dann im Main Event steht, lastet ein gewisser Druck. Das ist auch immer so die Frage könntest du dir vorstellen, wenn dir jemand anbietet einen WWE-Vertrag anzunehmen. Ich mein, klar ist es natürlich immer der große Traum, aber ich sehe auch immer den Punkt, sobald das ganze Arbeit wird, solange das kein Hobby mehr ist, solange oder sobald ich an dem Punkt bin, dass ich damit meinen Lebensunterhalt, mein Geld verdiene und eben nicht mehr wählen kann, will ich oder will ich nicht, weiß ich immer nicht, ob man dann nicht an einem gewissen Punkt ist, wo der Spaß verloren geht. So von daher, solange man im Midcard-Bereich rumturnen kann, solange der Druck nicht so hoch ist, stell ich mir einfach vor, dass man sich diese Freude, diese Passion da dran, dieses Glücksgefühl, das Adrenalin, was es eingibt, länger behalten kann. Und wie gesagt, so erfüllt, wie ich gerade bin, war ich noch nie. Und mein großes Ziel ist, das einfach so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Von daher würde ich einfach aus diesen Gründen, so die Frage beantworten.
Katha (W-I): Schöne Antwort. Hat wirklich Spaß gemacht mit dir zu reden. Vielen Lieben Dank.
Jane Nero: Danke dir, dass ich da sein durfte.
Katha (W-I): An alle anderen, die zuschauen. Schaut euch unbedingt auch unsere anderen Interviews an, die wir im Rahmen vom wXw World Tag Team Festival und Femme Fatales-Wochenende machen durften. Und ja, bis zum nächsten Mal. Macht’s gut. Tschaui.
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2 Antworten auf „»So erfüllt, wie ich gerade bin, war ich noch nie!« Jane Nero im großen Wrestling-Infos.de Exklusivinterview! – WTTF Special“
Tolles Interview mit zwei tollen Frauen. Danke
Super Sympathisch. 😊
Habe sie bei Project Nova schon live gesehen.
Wünsche weiterhin viel Erfolg.