Das „16 Carat Gold“ 2022 – die Review

15.03.22, von Benjamin "Cruncher" Jung

© wXw

Am 03. März war es endlich soweit! „Morgen ist Carat“ hallte es durch die wXw Academy, der erste Teil des großen 16 Carat Gold-Turniers war soeben vorüber gegangen, das HCW Dojo (Spoiler: die großen Gewinner dieses Wochenendes) konnte ein 4 vs. 4 Elimination Tag Team Match im Main Event von „Inner Circle 11“ gegen das Team der wXw Academy gewinnen. Garniert wurde das Ganze von Ace Romero, der schon am ersten Abend einen Spinaroonie zeigte sowie einen „unprotected chairshot“ (über die Sinnhaftigkeit des Chairshots kann man sicherlich streiten) nahm. So also machte sich der ganze Tross auf von Essen nach Oberhausen, auch wir, Marvin „Nexus3D“ und meine Wenigkeit bezogen unser Hotel nahe der Turbinenhalle in Oberhausen.

Am Freitag konnten wir dann ein kurzes Pläuschchen mit Tassilo Jung und anderen Vertretern der Wrestling-Presse halten, im Rahmen des „Media Lunch“ saßen wir in gemütlicher Runde zwei Stunden bei einem leckeren Mittagessen zusammen. Dann aber langsam stieg die Anspannung, die erste Nacht von „16 Carat Gold“ stand an. Vor der Turbinenhalle wurde das W-I Kollektiv vor Ort um Pascal, Marius, Emrah und Marko, der uns schon vor dem Event mit „Auf die Fresse“-Chants begrüßte, erweitert. Dann ging es endlich in die berüchtigte Halle und was soll man sagen, die Location sah, nicht nur aufgrund der allgegenwärtigen Wrestling-Infos Logos, einfach unglaublich gut aus. Namentlich nicht genannte Mitglieder unserer Reisegruppe hatten beim erschlagenden Anblick der sechs starrenden W-I Logos „Pipi in den Augen“. Die Zuschauer strömten hinein, es konnte losgehen! Nun ja nicht ganz, denn vorerst sprach Dennis Birkendahl in eigener Sache zu den Zuschauern. Wer sich während der Einlassphase über, für Wrestlingevents ungewöhnliche, dennoch zeitlose Hits von Wolfgang Petry und diverser Ballermann Koryphäen wunderte und sich beim falschen Event sah, konnte beruhigt aufatmen. So beichtete der wXw Art Director Birkendahl, bei einem feucht fröhlichen Abend die Warm-Up-Playlisten für das Carat- sowie World Tag Festival Wochenende, „unnötigerweise“ bei einer Wette mit Tassilo „Partybiest“ Jung aufs Spiel gesetzt hatte. Dennis zeigte sich als fairer Sportsmann und verwies zugleich jegliche Verantwortlichkeiten an den faschingsaffinen Ringrichter. Die Reaktion der Zuschauer? „Tassilo wir wissen wo dein Auto steht!“ Nachdem die Schuldzugeständnisse geklärt waren, ging es auch endlich mit der Action im Ring los. Und schon der erste Abend vermochte zu begeistern, besonders gehypt war man im Vorfeld sicherlich auf den Main Event, in dem sich Jonathan Gresham gegen den „Ehrenmann“ Bobby Gunns durchsetzen konnte. Den Kampf des Abends bekamen die Zuschauer, zumindest in den Augen unserer W-I Reisegruppe, schon weitaus früher zu sehen. Der bereits erwähnte Breakoutstar des Turniers Peter Tihanyi und sein Gegner, der französische High Flyer Aigle Blanc lieferten ein Feuerwerk, das die Zuschauer sprachlos zurückließ.

Zufrieden ging man also schlafen, am Samstag standen schließlich drei Events auf dem Plan, und der heimliche „Showstealer“ des Wochenendes war nicht etwa beim Carat selbst zu sehen. Nein, beim Event am Mittag, dem „wXwNOW & Friends Showcase“ trat im Opener Psycho Mike gegen Vaughn Vertigo an. Und Psycho Mike vermochte das Publikum so richtig mitzunehmen. Mike hatte am Sonntag noch einen Auftritt bei „We Love Wrestling 28“, wo er wirklich hervorragende Reaktionen des Publikums zog. Wer es noch nicht gesehen hat, dem sei diese Performance ans Herz gelegt – es lohnt sich! Ansonsten plätscherte der Tag vor sich hin, gerade beim „Showcase“ schwankte das Niveau von sehr ordentlichen Matches wie das erwähnte der beiden Kanadier, das der Ungarn aus dem HCW Dojo oder auch dem der Engländer Mr. Charles Crowley und Big Gunns Joe, die im Main Event die „Wrestle Carnival Championship“ auskämpften, allerdings gab es auch Ausreißer nach unten, vor allem durch das Three Way Match der Franzosen, die, wohl auch aufgrund der Qualität der anderen Matches, allesamt nicht völlig überzeugen konnten.

Das tat der Laune aber keinen Abbruch, am Nachmittag stand schließlich „Ambition“ auf dem Programm, ein Turnier im „Shoot-Style“ mit besonderen Regeln. So sind es im Ambition-Kosmos laut Regularien keine Pinfalls, sondern ausschließlich Submission und (T)KOs, die zum Sieg führen. Hier war es auch, dass sich für uns der Festivalcharakter des Carats bemerkbar machte. In unseren Reihen waren langsam Anzeichen der Ermüdung zu erkennen. Marius hatte noch immer mit den Folgen der letzten Nacht zu kämpfen. Marko nickte beim Ambition Match der Japaner mehrfach ein, nur um von den markerschütternden Geräuschen der nachfolgend beschriebenen Kopfnüssen wachzuwerden und aufzuschrecken. Hermeshater und sein Cousin UPS Hater sonnten sich auf dem Parkplatz. Emrah hatte keine Zigaretten mehr und Marvin bis dato kein Kompliment für seine Dude Love Jacke erhalten. Während die feinen Herren Parke und Weyer es sich auf den Plätzen in der ersten Reihe gemütlich machten, konnten die Kollegen Bayer und Welzenbach am anderen Ende der Halle eine weitere Interessante Entdeckung machen. Nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Wrestler selber sind Fans! Kaum auf ihren Plätzen, reihten sich auf den Stühlen hinter unseren Kollegen unter anderem wXw Unified World Champion Axel Tischer, die Gebrüder Chaer, Peter Tihanyi, The Rotation und etliche weitere Wrestler ein, um mit ihren Kollegen mitzufiebern. Die Liebe zur Kunst war hier wirklich greifbar. Hier waren sich mein Kollege Weyer und ich uns eher uneinig, er hatte an diesem Turnier deutlich mehr Spaß als ich, die Qualität aber war sicherlich nicht verkehrt. Am Ende konnte Bobby Gunns das Finale gegen Fuminori Abe gewinnen. Gerade die Japaner (Abe und Shigehiro Irie) workten das Turnier sehr stiff, zwei harte Kopfnüsse von Irie mit einem absolut „ekelhaften“ Geräusch waren dabei – ob das so sein muss, sei mal dahingestellt. Insgesamt aber muss die Leistung der beiden Japaner sehr gelobt werden, es hat durchweg Spaß bereitet, ihnen zuzuschauen. Wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, Abe-San zu seiner grandiosen Darbietung zu gratulieren und ihn auf die scheinbar doch sehr schmerzhafte Kopfnuss im Match gegen seinen Landsmann anzusprechen. Mit einem strahlen im Gesicht erklärte er völlig lässig, dass das für ihn zum Tagesgeschäft und überhaupt kein Problem sei, „Ich mache das jeden Tag, schaut euch nur mal meine Stirn an. Gar kein Problem!“

Abends dann schließlich Carat – Night 2. Die Reisegruppe bekam in Form von Katha und ihrer bis dato wrestlingfremden Arbeitskollegin den längst vermissten weiblichen Touch. Während Katha jedoch wieder nur ans arbeiten dachte und schon an der nächsten Überraschung für euch arbeitete (neben stundenlanger Liebeserklärung an LuFisto), hatte ihre Kollegin die Caratstimmung von Sekunde eins an verinnerlicht, Tassilos Playlist zum Dank. Nachdem die Halbfinalteilnehmer in Coach Dreissker, LuFisto, Cara Noir und ROH World Champion Jonathan Gresham bestimmt waren, standen nun auch andere Matches auf dem Programm, darunter einige Titelmatches – und hier schlug zunächst die Stunde von Ninja Mack. Dieser gewann nämlich gleich mal die vakante wXw Shotgun Championship in einem Match gegen „Acey Baby“. Es war generell ein Abend der Titelwechsel, die Arrows of Hungary verloren ihre Tag Team Titel an Stephanie Maze und Fast Time Moodo, Ava Everett wurde nach ihrem Sieg über Iva Kolasky neue Championesse der Damendivision (in einem eher schwachen Match) und im Main Event schnappte sich Tristan Archer den wXw Unified World Wrestling-Titel, nachdem er Levaniel pinnen konnte. Levaniel war ein großes Thema bei uns, unglaublich over in der Halle, Kollege Weyer war auch geradezu verzaubert, während ich dem Gimmick nicht besonders viel abgewinnen kann – so scheiden sich die Geister. Am abschließenden Besuch am Merchandisestand wurde Marko noch von Jurn Simmons abgezogen und zu guter Letzt von den neuen wXw World Tag Team Champions Stephanie Maze und Fast Time Moodo dafür belächelt, noch nie Live bei einer NEW-Show gewesen zu sein.

Am Sonntag standen nun weitere Events an, vor dem Finale des Carats noch, wie schon oben erwähnt, „We Love Wrestling 28“. Hier wurde dann auch ein wenig Storyline erzählt, zum Beispiel der allmählich gipfelnde Heelturn von „Coach“ Robert Dreissker und dessen Abspaltung vom Team der wXw Academy.

Dann aber war es so weit. 16 Carat Gold – Night 3. Der letzte Tag des Festivals wurde gleich mal von den Halbfinals des Turniers, in dem Dreissker die Kanadierin LuFisto besiegen konnte, aber einen wunderbaren Spot inmitten der ersten Zuschauerreihen nahm, eröffnet – Dreissker zeigte an Tag 3 generell eine tolle Leistung, doch dazu später mehr. Auch Jonathan Gresham, sicherlich der Superstar des Turniers, schaffte es ins Finale – für einen tollen Main Event war gesorgt. Ein ganz tolles Match gab es dann im mittleren Teil der Show, in der Maggot (zu unglaublich guten Publikumsreaktionen) in einem 4Way-Match den Titel von Ninja Mack gewinnen konnte. Dort gab es dann sicherlich DEN Spot des Wochenendes schlechthin zu sehen.

Vor dem Finale war dann noch Zeit für etwas Comedy, in einem dennoch sehr guten Match zwischen Aigle Blanc, Senza Volto & Acey Romero vs. Peter Tihanyi & Arrows of Hungary kam es mitten im Match zu einem Dance-Off, an dem auch Ringrichter und Teilzeit-B-Boy Tassilo Jung teilnahm. Die Halle ging steil, absolut gelungen.

Dann war es Zeit. Main Event. Und meine Güte, waren die beiden würdige Finalteilnehmer. Gresham gewann das Ding am Ende, aber auch Dreissker zeigte hier eine brutal gute Leistung.

Im Anschluss hielt er noch eine Promo, in der er darüber sprach, dass er es als US-Amerikaner leichter hatte als jeder Europäer, für die großen amerikanischen Promotionen zu arbeiten. Er bat die Fans darum, dem Nachwuchs weiterhin Liebe und Unterstützung zu schenken, um auch ihnen ihren Traum zu ermöglichen. The Octopus gab in dieser bewegenden Rede etwas an die Fans zurück und dies sei auch sein Plan für die Zukunft. Denn nachdem er mittlerweile alles erreicht habe, was er sich zu träumen wagte, sehe er sich in der Pflicht, den Stars von Morgen dasselbe zu ermöglichen. Zu wXw hat Gresham ohnehin eine besondere Beziehung, auch hier hagelt es Liebe und der Amerikaner verspricht in seine „Deutsche Heimat“ zurückzukehren. Standing Ovations der Zuschauer, alle schienen mit einem „Feel-Good“-Moment nach Hause zu gehen – dann kam ein letztes Mal Dreissker und prügelte Gresham gnadenlos nieder, doch damit nicht genug! Als wXws sportlicher Leiter Francis Kaspin die Lage deeskalieren wollte, wurde auch er vom erbarmungslosen Österreicher auf die Bretter geschickt. Ob man das nach einer so tollen Promo Greshams machen musste – auch hier kann man sich sicher streiten. Insgesamt aber hat das Wochenende sehr viel Spaß bereitet, man hat tolle Matches gesehen. Thomas Gießen, wXw Ringsprecher und die Stimme des Wochenendes, rettete jedoch die Stimmung in der Halle und so kamen die anwesenden Fans doch noch zu ihrem Feel Good Moment. Unter tosendem Applaus und „mit einem lachendem und einem weinenden Auge“, wie Gießen sagte, wurde wXw Video-Visionären und scheidende Verantwortliche für die Visuelle Präsentation der Liga Katja Pils verabschiedet. Doch jegliche Versuche der schüchternen Erfolgsfrau, sich hinter dem Moderator zu verstecken, blieben erfolglos und konnten sie nicht vor der Liebe der Zuschauer retten, während Gießen ihre Erfolge mit der Company Revue passieren ließ. Danke Katja, danke wXw, danke Levaniel. Liebe.

Abschließend bleibt aber trotzdem noch etwas zu sagen: Das HCW Dojo hat, wie immer mal wieder im Text beschrieben, wahnsinnig abgeliefert. Ob die Gulyas Brüder, die Arrows of Hungary, Maverick Untamed oder Orsi – das hat alles richtig Spaß gemacht. Aber einen Namen, den sollte man sich für die Zukunft merken: Peter Tihanyi. Der kam beim Publikum einfach richtig gut an, war auch erster ungarischer Teilnehmer beim 16 Carat Gold-Turnier. Hier braucht man nicht viel Fantasie, um ihn weiter beim Wrestling zu sehen. Und vielleicht ist dies ja ein Name, der laut Gresham die Unterstützung der Fans braucht. Die Unterstützung, seinen Traum zu leben und für eine ganz große Promotion in den USA anzutreten. Wir alle gingen mit unterschiedlichen Auffassungen und Wissensständen nach Oberhausen, zurück kamen wir alle als wXw Fans. Dies lag einerseits an dem zweifelsfrei erstklassigen Wrestling, das an diesem Wochenende geboten wurde. Andererseits, und das ist sicherlich das Entscheidende, an den Menschen. Zu sehen, wie viele Personen an dieser Veranstaltungsreihe beteiligt waren und deren Liebe zum Geschäft zu spüren. Die Fans aller Altersklassen, von der 6 jährigen Enkelin über den halbstarken Kampftrinker bis hin zum 70 Jährigen Ehepaar, friedlich und im harmonischen Einklang zu sehen. Vier Tage mit gleichgesinnten und liebgewonnen Menschen zu verbringen. Zu sehen, dass jeder liebt was er tut und mit Herzblut dabei ist. Angefangen von den Mitarbeitern des Security Dienstes, über die Damen und Herren an der Bar, die Wrestler, bis hin zu der schlagfertigen Toilettenfrau, die sicher auch am Mikrofon in einer Promo überzeugt hätte. Jeder ging freundlich und respektvoll miteinander um und selbiges galt für die Fans. So viele verschiedene Menschen auf einem Haufen, die durch die Liebe zum Wrestling miteinander verbunden werden. Auch das ist Carat.

Danke auch an dieser Stelle nochmals an Marko „Killcobain“ Welzenbach für das Mitwirken an diesem Text!

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