Perlen des Wrestlings #8 – Woher stammt der Hype um CM Punk?

22.08.21, von Benjamin "Cruncher" Jung

Nun ist es also zurück: Perlen des Wrestlings, nach viel zu langer Pause sicher eins der spektakulärsten Comebacks in der Wrestlingwelt. Fast genauso spektakulär: Phillip Jack Brooks, besser bekannt unter seinem Ringnamen CM Punk, feierte vorgestern bei der zweiten Ausgabe von All Elite Wrestling: Rampage sein spektakuläres Comeback, und das nach sieben Jahren Pause! Der Hype in der Wrestlingwelt – so groß wie selten. Woran aber liegt das? Woher all der Hype um seine Person? Perlen des Wrestling beschäftigt sich in dieser Ausgabe mit der Person Brooks und seiner Karriere im Wrestlingzirkus.

Kindheit und Jugend:

Brooks, im Oktober 1978 geboren, also inzwischen 43 Jahre alt, wuchs in der Nähe von Lockport im Staat Illinois als eins von sechs Geschwistern auf. Sein Vater litt unter Alkoholismus, was wohl dazu führte, dass er sich für den Straight Edge-Lifestyle entschied. Seine Mutter hatte eine bipolare Störung, was insgesamt zu einer gewissen Entfremdung zu seiner Familie führte. Gegen seine Mutter erwirkte er 2013 sogar eine einstweilige Verfügung, da sie ihn unter Androhung von Selbstmord immer wieder um Geld anbettelte.

Der Beginn einer großartigen Wrestlingkarriere:

Brooks erster Ausflug in die Welt des Wrestling führte ihn in eine kleine Liga namens „Lunatic Wrestling Federation“, die er an der Seite von Freunden und seinem Bruder Mike Brooks versuchte aufzubauen. Dort nutzte er auch direkt seinen Namen CM Punk, als er mit CM Venom das Tag Team „The Chick Magnets“ bildete. Dabei stand das CM wohl für „Chick Magnet“. Schon damals war es sein Traum, Wrestler zu werden, daher war er sehr frustriert, als er herausfand, dass sein Bruder Geld unterschlagen hatte und die kleine Liga letztlich auch daran scheiterte. Insgesamt sorgte das in den Verhältnissen zu CM Venom und auch seinem Bruder zu so Spannungen, dass er mit beiden wohl bis heute kein Wort mehr wechselte.

Brooks wechselte zur „Steel Dominion Wrestling School“, wo er von Ace Steel, Danny Dominion und Kevin Quinn trainiert wurde, um professioneller Wrestler zu werden. Gleichzeitig wurde er dabei 1999 Teil von „Steel Domain Wrestling“ in St. Paul, Minnesota. Dort begann auch seine Bekanntschaft mit Scott Colton, besser bekannt als Colt Cabana. Die beiden wurden beste Freunde und verbrachten einen Großteil ihrer frühen Karriere in den gleichen Promotionen, auch als Gegner und Tag Team Partner. Mit diesem, aber auch anderen Mitgliedern von „Steel Domain Wrestling“, unter anderem Adam Pearce, formte Punk die Gruppierung „Gold Bond Mafia“.

Im Laufe seiner frühen Karriere konnte Punk auch schon erste Matches gewinnen, unter anderem war er IWC (International Wrestling Cartel) Heavyweight Champion, IWA (Independent Wrestling Association Mid-South) Light Heavyweight Champion oder auch IWA Mid-South Heavyweight Champion. Dabei besiegte er Wrestler wie A.J. Styles, Colt Cabana oder Eddie Guererro. Zudem führte er eine Fehde mit Chris Hero.

Zusammenfassend konnte Punk schon zu Beginn seiner Karriere immer wieder Erfolge verzeichnen und sein Talent zeigen, allerdings geriet er auch immer wieder mit führenden Personen aneinander. Neben den oben erwähnten Konflikten u.a. mit seinem Bruder weigerte er sich auch für ca. ein Jahr, für IWA Mid-South in den Ring zu steigen, laut eigener Aussage aus Protest gegen Ian Rottens Behandlung von Chris Hero. Dieser aber gab an, dass es sicher andere Gründe gab, warum Punk sich diese einjährige Auszeit nahm.

Der Wechsel zu Ring of Honor:

2002 wechselte CM Punk zu Ring of Honor. Dort war er für ein kurze Zeit Face, in der Fehde mit Raven aber begab er sich schnell auf die Seite des Heels. Hier nahm er gegen Raven, der auch im realen Leben mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen hatte, die für ihn bekannt Rolle des „Straight Edge“-Wrestlers an. Im November 2003 endete die Fehde, als Punk Raven in einem Steel Cage-Match besiegte. Schnell stieg Punk bei ROH auf und wurde sogar Trainer in der „Ring of Honor Wrestling School“. Gleichzeitig feierte er weitere Erfolge, unter anderem wurde er zweifacher ROH Tag Team Champion zusammen mit Colt Cabana, mit dem er als „The Second City Saints“ antrat. 2004 erlangte er sehr große Bekanntheit, als er in insgesamt drei Matches gegen eine weitere Größe der Wrestlingwelt antrat, den damaligen ROH World Champion, Samoa Joe. Die ersten beiden Matches endeten in einem 60minütigen Time Limit Draw, das zweite Match konnte die seit sieben Jahren erste Five-Star-Wertung von Dave Meltzer in Nordamerika ergattern. Das letzte Match, welches es davor schaffte, war das Hell in a Cell-Match zwischen Shawn Michaels und dem Undertaker bei Badd Blood: In Your House 1997. Das dritte Match verlor er allerdings. Während seiner Zeit bei ROH war er auch für „NWA: Total Nonstop Action“ aktiv, welche sich später zu TNA (Total Nonstop Action Wrestling) entwickeln sollte. Auch dort gab es Auseinandersetzungen mit anderen Workern, vor allem mit Teddy Hart, mit dem er vor einem Restaurant so aneinander geriet, dass die beiden von Sabu getrennt werden mussten.

„Summer of Punk“:

Nach einem Try-Out im Mai 2005 akzeptierte Punk ein Angebot der WWE. Trotzdem gewann er kurze Zeit später die ROH World Championship von Austin Aries am 18. Juni und wurde zum Top-Heel. In seiner ersten sehr bekannten „Pipe Bomb“-Promo wandte er sich gegen die anwesenden Zuschauern und bezeichnete sich selbst als Teufel, der alle lange überzeugt hatte, eben dieser Teufel nicht zu sein. Dabei drohte er, den Titel mit zu WWE zu nehmen und auf diesem den Vertrag zu unterschreiben. In dieser Storyline hatte auch Mick Foley einige Auftritte, Punk verteidigte den Titel gegen ein Face nach dem anderen – ob Roderick Strong, Jay Lethal, James Gibson oder Christopher Daniels. Am 12. August verlor Punk den Gürtel dann doch noch an James Gibson in einem Four-Way Match, an dem noch Samoa Joe und Christopher Daniels teilnahmen. Seinen letzten Auftritt bei ROH hatte er bei seinem „eigenen“ Event. Bei „Punk: The Final Chapter“ unterlag er Colt Cabana in einem Two out of Three Falls Match. Erstmals wurde im „Summer of Punk“ so wirklich klar, welche Strahlkraft CM Punk haben konnte.

Anfänge bei WWE/OVW/ECW:

Ende 2005 begann Punk seine Karriere bei WWE, indem er für OVW (Ohio Valley Wrestling) in den Ring stieg. Dort verletzte er sich in seinem ersten TV-Match, welches er dennoch beendete. Dies beeindruckte verschiedene Leute bei OVW, wodurch er schon Anfang November, nach nur zwei Monaten bei OVW, die Television Championship gewinnen konnte.  Bei OVW hatte er vor allem eine lange Fehde mit Brent Albright, konnte aber auch die OVW Southern Tag Team Championship mit Seth Skyfire gewinnen, die sie aber nur fünf Tage halten konnten. Zu der Zeit war er aber auch OVW Heavyweight Champion, immerhin für knapp vier Monate. Schon 2006 trat Punk auch bei ECW auf, am 4. Juli feierte er sein Debüt in den TV-Shows. Auch dabei ging es um seine Entscheidung, „straight edge“ zu leben. In diesem Jahr feierte er auch sein Debüt bei WWE PPVs, als er bei Survivor Series an der Seite von D-Generation X (Triple H & Shawn Michaels) und den Hardy Boyz (Jeff & Matt Hardy) gegen Rated-RKO (Edge & Randy Orton), Mike Knox, Johnny Nitro und Gregory Helms antrat. Bei ECW konnte er die ECW Championship für 143 Tage halten.

Aufstieg in das Main Roster:

Im Jahr 2008, bei WrestleMania XXIV, konnte Punk das „Money in the Bank“-Laddermatch gewinnen, drei Monate später wurde er im Rahmen des Drafts zu RAW gedraftet. Eine Woche später löste er seinen Koffer ein und konnte die World Heavyweight Championship von Edge gewinnen, nachdem dieser von Batista niedergeschlagen wurde. Den Titel konnte er immerhin gut zwei Monate (69 Tage) halten, bevor er ihn nach einer Attacke von „The Legacy“ aufgeben musste. Im Laufe seiner Karriere gewann er einige Titel, zum Beispiel die World Tag Team Championships mit Kofi Kingston, die Intercontinental Championship und wurde zum schnellsten Triple Crown Champion aller Zeiten.

Auch ein weiteres „Money in the Bank“-Match konnte er gewinnen. Mit diesem Koffer startete eine der bekanntesten Fehden Punks, die gegen Jeff Hardy. Dabei kam erneut sein „straight edge“-Lebensstil ins Spiel, wieder als Heel. Er stellte sich dabei in moralische Überlegenheit, da Hardy schon damals Drogenprobleme hatte. Am Ende konnte Punk Hardy in einem Steel Cage Match besiegen, was laut Stipulation dafür sorgte, dass Hardy WWE verlassen musste.

Sein Lebensstil begleitete ihn auch weiterhin, so dass er im Jahr 2009 die „Straight Edge Society“ gründete. Das Stable, bei dem die heutigen Serena Deeb und Doc Gallows und später auch Joey Mercury mitwirkten, aber war relativ erfolglos. Interessant ist lediglich, dass auch hierbei „Straight Edge“ im Mittelpunkt stand.

Auch im weiteren Verlauf seiner Karriere konnte Punk seine Stärke am Mikrofon immer wieder unter Beweis stellen, unter anderem, als er während einer Verletzungspause wochenlang als Kommentator fungierte.

Summer of Punk II & Pipe Bomb:

Im Juni 2011 gab Punk bekannt, dass sein Vertrag am 17. Juli desselben Jahres auslaufen wird und versprach, die WWE mitsamt der WWE Championship zu verlassen. Kurze Zeit später hielt Punk seine legendäre „Pipe Bomb“-Promo, bei der er das aussprach, was viele Fans über die Liga dachten, über das schlechte Management und vor allem Vince McMahon. Dabei ging er diesen, seine Tochter Stephanie und Triple H auch persönlich an und ging auf reale Begebenheiten ein.

An seinem letzten Tag, an dem er noch unter Vertrag stand, gewann Punk die WWE Championship von John Cena in einem von Dave Meltzer mit fünf Sternen bewerteten Match. Einige Tage später, John Cena hatte gerade erneut die vakante WWE Championship gewonnen (kurz nachdem Rey Mysterio ein Turnier um eben diese gewann), kehrte Punk zurück und konfrontierte Cena.

Er konnte diesen ein paar Wochen später besiegen, allerdings verlor er den Titel schließlich an Alberto Del Rio. Es folgte noch eine Fehde mit Triple H, Stephanie McMahon und Kevin Nash sowie John Laurinaitis. Weitere Titelregentschaften folgten, wenig aber konnte an die Wochen um Punks „Pipe Bomb“ heranreichen.

Der Ausklang einer Karriere?

Eine erwähnenswerte Fehde mit Chris Jericho folgte noch, bei der dieser Punk auf unterstem Niveau angriff, Punks Vater als Alkoholiker und seine Schwester als Drogenabhängige bezeichnete und Punks „Straight Edge“-Lifestyle als reinen Selbstschutz bezeichnete, um nicht selbst so abzurutschen. Punk konnte seinen Titel gegen Jericho bei WrestleMania XXVIII verteidigen.

Erst, als The Rock ein Comeback feierte, konnte Punk seine Fähigkeiten am Mikrofon erneut eindrucksvoll unter Beweis stellen. Nach einer Attacke an The Rock verteidigte sich Punk dafür, indem er angab, es satt zu haben, dass Leute wie Cena und Rock das Rampenlicht für sich einnehmen, während dies dem WWE Champion zustehen sollte. Die folgenden Wochen forderte Punk weiter Respekt für sich ein und verbündete sich mit Paul Heyman. Ironischerweise war es am Ende dann auch The Rock, der CM Punks 434-tägige Regentschaft als WWE Champion beenden konnte.

Anschließend hatte Punk noch einige Fehden, unter anderem gegen den Undertaker, Paul Heyman bzw. Brock Lesnar, Ryback, der Wyatt Family und The Authority um Triple H und Stephanie McMahon.

Das (vorläufige) Karriereende:

Im Jahr 2014 tauchte CM Punk nicht zu den Shows oder Tapings für RAW und SmackDown auf, obwohl er angekündigt war. Auch wenn „false advertising“ für WWE keine Seltenheit ist, wussten diese wohl auch nichts davon, dass oder warum Punk nicht erschien und kündigte ihn für die kommenden Events nicht mehr an. Der „Wrestling Observer“ berichtete später, dass Punk vor RAW zu Vince McMahon und Triple H ging und ihnen sagte, dass er „nach Hause“ gehen werde. Im weiteren Verlauf des Jahres schrieb man ihn aus allen Storys, entfernte ihn aus dem aktiven Roster und löschte alle Inhalte mit CM Punk. Er wurde in einem Interview gefragt, wie es sich anfühle, mit 35 im Ruhestand zu sein. Punks Antwort darauf: „Es fühlt sich gut an.“ Am Tag, als WWE CM Punk von ihrer Rosterseite entfernte, dankte CM Punk seinen Fans, nicht aber WWE und verkündete, nie wieder wrestlen zu wollen.

Erst Monate später sprach CM Punk im Podcast von Colt Cabana (Art of Wrestling) über seine Abschied von WWE. So wurde Punk Anfang Januar nach seinem Nichterscheinen für zwei Monate suspendiert, nach Ablauf aber nicht mehr kontaktiert. Als er Offizielle der WWE erreichen wollte, auch, um noch ausstehende Zahlungen zu sprechen, bekam er seine Entlassungspapiere – an seinem Hochzeitstag. Punk gab bekannt, dass er in den letzten Monaten seiner WWE-Karriere mit einer unbehandelten MRSA-Infektion in den Ring stieg, die, wie er erst später erfuhr, sein Leben hätte kosten können. Auch gebrochene Rippen, Knieverletzungen und Gehirnerschütterungen, was alles dazu führte, dass sein alltägliches Leben deutlich eingeschränkt war, war nicht Grund genug, nicht aufzutreten. Punk gab dafür auch WWE die Schuld, die Druck aufgebaut hätten und ihn drängten, auch verletzt in den Ring zu steigen. Auch die Erkrankung, die Punk das Leben hätte kosten können, wurde von WWE-Ärzten nicht ernst genommen. Er beklagte sich zudem auch erneut darüber, nie im Main Event von WrestleMania gestanden zu haben, kreativ stark eingeschränkt worden zu sein, da es für niemanden außer John Cena Langzeitpläne gegeben habe und das alles, obwohl er alles für WWE gegeben habe. Auch eine spätere Entschuldigung von Vince McMahon für die Umstände der Entlassung nahm er nicht an, diese bezeichnete er nur als PR-Gag. Er sprach sich schon damals für die Schaffung einer Gewerkschaft aus und beklagte sich darüber, dass WWE ihre Angestellten als „independent contractor“ behandelt.

Nach seinem Karriereende:

Nach seinem Rückzug tauchte Punk (vermeintlich?) noch zwei mal in Ringen auf, dass es sich dabei aber wirklich um Punk handelte, wurde nie bestätigt. Zudem war er kurzzeitig in MMA tätig, allerdings mit mäßigem Erfolg.

Punk machte sich aber einen Namen in der Welt von Film und Fernsehen, wo er in mehreren Serien und Filmen mitspielte, zudem in Shows wie WWE Backstage auftauchte.

Und nun?

Nun also All Elite Wrestling. Es scheint, als wäre das Feuer in CM Punk wieder entfacht, seine Reaktion, seine erste Pressekonferenz lassen dies auf jeden Fall vermuten.

Klar ist, die beiden „Summer of Punk“ haben Erwartungen erweckt, seine Promos, allen voran die berühmte „Pipe Bomb“ sorgen immer noch für Gänsehaut. Ein CM Punk, der Lust auf Wrestling hat, ist charismatisch genug, die Fans wieder hinter sich zu vereinen. Dies zeigte ja auch sein erster Auftritt bei AEW, der natürlich zugegeben davon profitierte, in seiner Heimat in Illinois zu sein. Ein erster Schritt zumindest ist getan: Bei AEW Rampage gab es „free ice-cream for everyone“.

Abschließende Worte zur Aura von CM Punk

20. August 2021 ist in die Geschichtsbücher der amerikanischen Pro-Wrestling Geschichte eingegangen und gehört zu einen der wichtigsten und schönste Momente der Sportunterhaltung. Die Fassaden und Facetten, die im Wrestling häufig düster und egozentrisch sind, schreiben jedoch auch wundervolle Geschichten, weshalb CM Punk mit diesem Auftritt, mit dieser Rückkehr, seine legendäre Karriere manifestiert. Worte sind häufig unzureichend, um Emotionen und Gefühle und deren Gründe im Wrestling passend zu erläutern. Und dieser Übergang, dieser schmale Grat zwischen Analyse und fehlenden Worten, dieser Zwischenraum ist ein emotionales Paradies, ohne diesen Auftritt kitischig zu romantisieren. Aber in diesem Zwischenraum, als CM Punk nach über sieben Jahren vor ein Wrestling-Publikum getreten ist, ein weiteres Kapitel in seiner Karriere geschrieben hat, dieser Zwischenraum war eine Fusionierung einer zehnjährigen Geschichte, die CM Punk mit seiner Promo bei „RAW“ begonnen hat, als er die vierte Wand gebrochen hat und ohne große Restriktionen die Promo seines Lebens bei RAW gehalten hat.

CM Punk ist es gelungen, ein Happy End mit offenem Ende zu schreiben. Denn letztlich sind es diese reinen Emotionen, die das Wrestling so liebenswert und besonders machen. Dann wird Wrestling zu Kunst, denn die Realität erhält Einzug in ein künstlich geschaffenen Raum, eine Performance entwickelt sich zur gelebten Realität. Dieser Moment, als er vor das Publikum getreten ist, Tränen in den Augen, dort war die Liebe zum Pro-Wrestling wiedererweckt. Deshalb auch Happy End, denn CM Punk ist nicht nur ein authentischer und einnehmender Charakter, der Wrestling-Fans in den letzten Jahrzehnten gefesselt hat, sondern auch ein Symbolbild für die Dinge gewesen, die im Wrestling schief gelaufen sind, die im wiederfahren sind. Wie viele Wrestler:innen berichten und warnen, diese Branche kann einnehmend und gefährlich werden, Leidenschaften aushöhlen und lebensbedrohlich werden, so wie an CM Punk (und vielen weiteren Stars) zu sehen ist. Und deshalb ist diese Geschichte so wunderschön, weil CM Punk die Verkörperung dieses Business ist, mit all seinen vielseitigen Facetten. Punk begann als klassischer Independent-Wrestler, setzte sich aufgrund seiner Fähigkeiten bei Ring of Honor durch, zu einer Zeit, als Ring of Honor DIE Indie-Promotion darstellte und die einzige Möglichkeit darstellte, wirklich gesehen zu werden. Er war Befürworter des sportlichen Aspektes, akzeptierte jedoch die Mühlen der Sportunterhaltung und kämpfte sich, trotz schlechter Voraussetzungen, an die Spitze von World Wrestling Entertainment, ohne an seiner Authentizität verloren zu haben. Ihm gelang es, das Hamsterrad auszutricksen, an der Spitze zu stehen, ohne sich unterworfen zu haben. Eine unglaubliche Errungenschaft, insbesondere, und dies gab Punk im Interview bei „Starrcast“ zu Protokoll, weil Vince McMahon und Triple H „CM Punk“ nie verstanden haben. Er feierte große Erfolge, doch er lernte die bereits aufgeführten Schattenseiten des „Sports Entertainment“ kennen. All das sind reale Ereignisse, die passiert sind und sich in seinen Auftritten widergespiegelt haben und letztlich auch zu seinem vorläufigen Karriereende geführt haben.

Und dieser Ablehnung, die Antipathien gegenüber dem Sport verweilten viele Jahre bei Punk, seine Ablehnung kommunzierte er immer wieder und schien von ständigen Comeback-Fragen und Wrestling-Fans genervt. Auch diese Emotionen waren real, die Ablehnung und die unerbittlichen Fans, die jahrelang weiter „CM Punk“ gechantet haben, um ihren Unmut über das dargestellte Produkt, ließen Punk nicht endgültig aus der Wrestling-Bubble verschwinden. Natürlich, auch mich haben die Punk-Chants zwischenzeitlich genervt, doch umso interessanter, weil irgendwann nicht mehr „CM Punk“ als Wrestler, als Person gefordert worden ist, sondern „CM Punk“ zu einem Symbol geworden ist. Ein Symbol, das für einen Wandel steht, für sinnvolle Storys, für Talente abseits des Main-Streams oder den immergleichen Stars, für junge Wrestler:innen, die das Spotlight nicht bekommen haben, doch letztlich steht „CM Punk“ für Authentizität und Professional Wrestling.

Und mit diesen Wünschen und Symboliken identifizieren sich die Fans – Du, Wir, Ich – mit Leidenschaften, unter anderem für Professional Wrestling. Und letztlich ist es eine leidenschaftliche Geschichte, die nicht nur Punk geschrieben hat, sondern wir selbst mitgestalten. Jede:r kennt sicherlich die Situation, wo man sich vom Wrestling abwendet oder zumindest sein „Hobby“ hinterfragt. Bei einigen Personen führte das zu einer ausgedehnten Pause nach den Jugendjahren, für andere Menschen haben sich die Interessen einfach verlagert und andere Wrestling-Ligen oder Stile sind in den Vordergrund gerückt. Manche Fans haben den Weg bisher nicht mehr zurückgefunden, doch jede:r kennt diese Momente im Wrestling, die einfach ins Herz gehen. Manchmal sind es Momente wie die Rückkehr von CM Punk nach über sieben Jahren, doch manchmal sind es auch ganz kleine Momente, Wrestler:innen oder Shows, selbst Abläufe in Matches, die uns kurz innehalten lassen und wir fühlen, warum wir Wrestling so lieben.

Nun beginnt ein neues Kapitel für CM Punk. Ein großes, ein leidenschaftliches und wichtiges Kapitel, das seinen Status als „Legende“ womöglich endgültig zementiert. All Elite Wrestling stellt nämlich die Dinge dar, die CM Punk schon immer wollte. Professional Wrestling als Kern mit kreativen Freiheiten, um diesen Kern unterhaltsam zu gestalten. Eine schöne Arbeitsatmosphäre mit vielen Kolleg:innen, die unterschiedliche Aspekte und Verständnisse über das Wrestling mitbringen. CM Punk gehört mit 42 Jahren zu den Veteranen im Geschäft und nun liegt es an ihm zu beweisen, wie wichtig ihm dieses Geschäft ist. Vielleicht gelingt es CM Punk, was nur sehr wenigen Wrestler:innen in diesem Geschäft gelungen ist: Sein Wrestling-Erbe endgültig in den Korpus „Wrestling“ einzuschreiben und gleichzeitig dafür zu sorgen, den Weg für die nächste Generation zu ebnen. Denn letztlich gibt es im Pro-Wrestling undveränderliche zwei Wahrheiten: Jede*r kommt zurück und das Geschäft befindet sich im ständigen Wandel. There’s no never in Wrestling.

Bei Anmerkungen und Themenvorschlägen: Tobt euch ruhig aus! Entweder hier in den Kommentaren oder auch gerne bei uns im Forum.

Quellen: wwe.com, chicagowrestling.com, TMZ Sports, Ring of Honor, f4online.com, PWTorch, wrestlingview.




7 Antworten auf „Perlen des Wrestlings #8 – Woher stammt der Hype um CM Punk?“

Rasgarius sagt:

Großartig geschrieben. Ich ziehe meinen Hut.

Lobo sagt:

Ein wirklich lesenswerter Artikel, wusste zwar schon einiges vorher, habe aber noch einige Sachen erfahren, die mir ehrlich gesagt noch nicht bekannt waren.
Wäre schön, wenn es auf Dauer eine regelmäßige Kollumne zu den besonderen Eigenheiten der ganz großen Stars geben würde.
Btw. Ich vermisse auch das „gemosere“ von Herrn Moser.

Bitw89 sagt:

@Lobo
Dabei hätte doch Herr Moser soviel zu mosern, wenn man die WWE anschaut.

Kaane sagt:

@Bitw89: Herr Moser muss seinen Artikel ständig neu verfassen, da immer wieder neues Material zum sich drüber aufregen reinkommt.

Paul sagt:

Ich habe eine ganze Zeit kein Wrestling geschaut und deshalb gar nichts von CM Punk mitbekommen. Daher verstehe ich den Hype um ihn so gar nicht. Könnt ihr mir mal ein paar Hinweise geben? Was muss ich schauen um mir einen guten Eindruck machen zu können? Vielleicht ein paar Matches, Promos oder so. Irgendwas woran ich sehe warum sich alle so mega über ihn freuen. Danke euch!

Michhier sagt:

@Paul
Die im Text erwähnten Sachen fassen es gut zusammen. Ich empfehle dir aber besonders den Blick auf „vor WWE“ zu wenden um zusehen warum er auch in der WWE immer gefeiert wurde, sogar bei straight Edge socity.

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