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W-I Special: Vom Fan zum Wrestler! Meine 16 Stunden Wrestling-Training unter Alex Wright

04.05.15, von Benjamin "Cruncher" Jung

“Wrestling ist doch nur Fake. Die tun doch nur so, als ob sie sich schlagen würden. Ist doch alles abgesprochen.“ – „Ne, die hauen schon richtig zu.“ – „Ach, woher willst du denn das wissen?“ – „Das sagen die Wrestler selbst!“ – „Ja klar, ansonsten würde es sich doch keiner angucken.“

 

Ähnliche Diskussionen hat bestimmt jeder Wrestling-Fan bereits mit Freunden erlebt und jeder hat es sich sicher schon einmal ausgemalt, wie es wäre, selbst Wrestler zu sein. Allerdings kommen die meisten, wenn überhaupt, nie übers Backyard Wrestling hinaus. Die Gründe sind vielfältig: Kein Geld fürs Training, keine Wrestling-Schule in der Nähe, keine Lust auf professionelles Training uvm. Auch ich spielte lange mit dem Gedanken, den Sport „Wrestling“ auszuprobieren. Doch immer suchte ich mir eine andere Ausrede. Schließlich nahm ich vom 28. bis zum 29. März 2015 am „High Impact“ Einsteiger Wrestling Seminar in „The Wright Stuff“, der Wrestling-Schule vom bisher erfolgreichsten deutschen Wrestler Alex Wright, im Gewerbepark Heßdorf teil. Insgesamt verschrieb ich mich somit 16 Stunden Training und schon vor dem ersten Training war mir bewusst: Es wird hart!

 

Ich gehörte zu den ersten Teilnehmern in der Halle, da ich bereits über eine Stunde zu früh angekommen war. Um 9:00 Uhr sollte die Tortur beginnen, doch bereits gegen 7:50 Uhr begrüßten mich Alex Wright, Adrian Severe (ehemaliger NEW Hardcore & Heavyweight Champion, der auch schon ins WWE Performance Center eingeladen wurde) und Juvenile X (der eigentlich ebenfalls Co-Trainer ist, allerdings nicht zu diesem Zweck vor Ort war.). Mit der Zeit kamen immer mehr Teilnehmer des Seminars in die Halle, mit denen ich mich ein wenig unterhielt. Immerhin verbringt man nahezu zwei komplette Tage miteinander! Um 9:00 Uhr ging es dann endlich los. Wir stellten uns in einer Reihe vor dem Ring auf und Alex stellte sich zunächst ausführlich vor, bevor jeder Teilnehmer kurz das Wort ergriff und ein paar Dinge über seine Person loswerden konnte. Als erstes begannen wird dann mit der Aufwärmphase. Wie in jeder anderen Sportart auch, starteten wir beim Aufwärmen mit lockerem Joggen und mit einigen kleineren Übungen. Dann ging es erst so richtig los: Alex erklärte uns, dass er unsere körperlichen Fähigkeiten testen wird, um jeden individuell einzuschätzen. Das bedeutete möglichst viele Liegestütze, Kniebeugen & Crunches hintereinander zu absolvieren. Bei allen dreien lag ich eigentlich gut im Schnitt, was mich zuversichtlich stimmte. Anschließend kam eine Übung, die auf den ersten Blick nahezu nutzlos erscheint: Rollen machen. Ein paar Vorwärts, ein paar Rückwärts. Ein wenig erinnerte mich das Szenario an den Sportunterricht aus der Grundschule. Allerdings bekam ich wohl das erste Mal in meinem Leben eine halbwegs vernünftige Rückwärtsrolle hin. Zum Glück war keiner meiner früheren Sportlehrer anwesend…

 

Im Anschluss brachte uns Alex noch die „Judo-Rolle“ bei. Hierbei handelt es sich um eine normale Rolle, man rollt sich lediglich über den eigenen Arm ab. Nach anfänglichen Schwierigkeiten schaffte alle Teilnehmer aus unserer Gruppe die Rolle. Damit sich diese einprägt, musste jeder von uns davon 20 Stück machen, 10 rechts und 10 links, und ja, nach dieser Übung hat man ein großes Verlangen sich hinzulegen. 😉 Diese Rolle sollten wir übrigens im Laufe des Wochenendes noch häufiger ausführen, da sie für viele Moves gebraucht wird, u.a. für den DDT.

 

Es folgte das elementarste Werkzeug eines Wrestlers: Die Fallschule! Ein alltägliches „Wrestling-Phänomen“, kaum beachtet und doch enorm wichtig! Beherrscht ein Wrestler nicht den „Fall“, so könnte seine Gesundheit und die seines Gegners auf dem Spiel stehen. Trotzdem fiel diese Passage überraschend kurz aus. Ein paar Mal musste jeder von uns auf die Matte knallen und schon zeigte sich Alex mit unserem Auftreten zufrieden. Nach meinem Interview mit Thumbtack Jack vor zwei Jahren, in welchem wir uns auch über die Grundlagen des Wrestlings unterhielten, habe ich eigentlich mit mehr gerechnet. Anscheinend machte sich unsere Gruppe recht gut, was Alex uns auch exakt so am zweiten Tag mitteilte. Angeblich hatte er schon andere Teilnehmer, die am kompletten ersten Tag nahezu nur Fallschule machten.

 

Wer übrigens glaubt, dass der Wrestling-Ring weich ist, der irrt sich gewaltig! Der erste Aufprall fühlt sich an, als ob mein einfach nur auf den Boden knallt. Von irgendeiner angeblichen Federung spürt man nichts! Glücklicherweise gewöhnte ich mich recht schnell an den Aufprall, allerdings kann ich definitiv mit dem Mythos aufräumen, die Ringe seien gut gepolstert!

Im Anschluss „durften“ wir in die Seile rennen. Ich sage euch: Dies tut einfach nur weh! Was im Fernsehen schmerzlos aussieht, gehört zu Beginn zu den schmerzhaftesten Sachen überhaupt! Besonders wenn Alex seine „sadistische“ Ader (:D) offenbart und jeden einzelnen unserer Gruppe als Punchingball missbraucht. Man steht nur da, während er einen in die Seile schmeißt. Natürlich wird man wieder in die Arme des ehemaligen Wrestler zurückgefedert, doch Wright nutzte diese Federung, um uns erneut in die Seile zu werfen. Als wir dachten, dass die Übung „Seile“ endlich abgeschlossen ist, wurde eine weitere Ansage gemacht: Jeder musste 20 Mal „Running Ropes“ machen. Das heißt: Durch den Ring rennen, in die Seile federn lassen und wieder durch den Ring. Das ganze 20 Mal und selbstverständlich im vollen Sprint. Das geht nicht nur auf die Rippen, die uns allen am nächsten Tag schmerzen sollten, sondern auch besonders auf die Kondition. Dennoch zog jeder einzelne diese Übung durch und keiner brach ab. Anstrengender war nur die Übung mit den Dropdowns … Um was es sich dabei exakt handelt, müsst ihr allerdings schon selbst herausfinden. Nur so viel: Dagegen waren die Running Ropes ein Witz!

 

Als wir das schlimmste des ersten Tages überstanden hatten, ging es an typische Moves: Holds, Dropkick, Clothesline, Chop, Elbow Drop, Bodyslam, Stunner (den ich seitdem gerne als „Idioten-Move“ bezeichne, da er sehr einfach auszuführen ist) und ein paar weitere Moves wurden uns am ersten Tag beigebracht. Besonders beim Dropkick hatten viele Probleme. Zu meiner eigenen Überraschung meisterte ich ihn selbst relativ problemlos. Ganz anders verhielt es sich beim „Headlock Takedown“, bei dem ich mich sehr ungeschickt anstellte. Die Konsequenz: Alle 12 Teilnehmer und Alex selbst, durften mich auf den nackten Oberkörper „choppen“. Zwar war meine Brust anschließend zwei Tage in einem rötlichen Farbton getaucht, in dem ich meiner Meinung nach den Handabdruck von Alex erkannt habe, allerdings choppte ich dafür am nächsten Tag als Rache umso härter. Selbst Schuld. 😉

 

Als sich der erste Tag dem Ende neigte, meinte Alex, dass wir nun an die Lektion „Matches“ gehen. Jeder Teilnehmer erhielt einen Partner, Alex teilte Heels & Faces ein und sagte, dass das Match 5 Minuten gehen soll. Mehr Informationen oder Tipps gab er uns nicht. Als nervöser Einsteiger in diesen Sport versuchte ich zusammen mit meinem Partner das gesamte Match zu planen -> Eine Idee, die zum Scheitern verurteilt war! Nach 30 Minuten wurde exakt ein Match gezeigt, natürlich nicht meins, womit der erste Tag zu Ende ging.

 

Der zweite Tag, der von Alex als „Spaß-Tag“ betitelt wurde, da die Teilnehmer normalerweise viele Matches zeigen dürfen, begann wie der erste: Aufwärmen. Schließlich durften wir noch einige Moves lernen, um anschließend unsere geplanten Matches zu zeigen, die wir am ersten Tag besprochen hatten. Trotz exakter Absprache war mein Match am Ende mehr improvisiert, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es verhältnismäßig gut war. Auf meine Idee „Ohrfeige im Lock-Up into Full Nelson“ bin ich noch immer sehr Stolz! 😉 Im Anschluss wieder ein paar Moves, wieder ein Match und so weiter. So ging die erste Hälfte des zweiten Tages recht schnell um. Am Ende hatten wir die wichtigsten Wrestling-Moves gelernt und verinnerlicht. DDT, Schoolboy (aka. Klassischer Roll-Up), Figure Four Leglock und Sidewalk Slam waren nur einige Aktionen, die ich am Ende des Tages in meinem Moveset hatte. Zwar versuchte Alex uns auch einen Legdrop beizubringen, aber diesen Move zu lernen, entwickelte sich zu einer „Mission Impossible“. In meinem Match kassierte ich einen Legdrop, der allerdings recht unsauber ausgeführt wurde. Das sagt wohl genug über die Legdrop-Skills unserer Gruppe aus!.

 

So ging das Training zu Ende. Zwischendurch fragte uns Alex, wie erschöpft wir sind. „Ging so“ war unsere Antwort, die wir wenige Sekunden später bereuten: Kraft Training war angesagt (evtl. kennen manche diese als „KSÜ“ – Kraftsport-Übungen). Vermutlich lässt sich mein starker Muskelkater im Nacken (mir war neu, dass es überhaupt möglich ist im Nacken einen Muskelkater zu haben) am nächsten Tag zum großen Teil auf diese Übungen zurückführen.

 

Mein Fazit: Ich kann euch als Wrestling-Fans solch ein Training nur empfehlen! Mit Alex Wright hat man einen kompetenten Trainer, der einem schnell viele Moves beibringen kann. Auch wenn man Probleme haben sollte, verliert er nie die Geduld. Im Zusammenspiel mit Adrian Severe, der meistens die Moves vorführt, hat man ein Trainer-Team, dem man vertrauen kann und in dem man sich in fähigen Händen fühlt. Außerdem bekommt man einen komplett anderen Blick auf diesen Sport und weiß mehr zu schätzen, was diese halbnackten Männer im Ring für eine Leistung zeigen und welche Schmerzen sie ertragen. Zudem macht es, trotz einiger sehr anspruchsvollen Übungen, insgesamt sehr viel Spaß und man kann danach sicher sagen, ob man sich eine Karriere als Wrestler vorstellen kann. Ob man danach wirklich auch dauerhaft professionell trainieren möchte, ist wieder eine andere Sache. Alex gibt nach dem Seminar auf Wunsch eine ehrliche Einschätzung ab, ob man nennenswertes Talent fürs Wrestling hat. Überhaupt ist Alex bei diesen Trainingseinheiten sehr offen und beantwortet gerne Fragen! So gab er zwischendurch die eine oder andere Geschichte zum Besten, die er im Laufe seiner aktiven Karriere erlebt hatte.

 

Wann erneut ein solches „High-Impact“ Einsteiger-Seminar in „The Wright Stuff“ stattfindet, erfahrt ihr auf http://www.prowrestlingschool.de/ oder auf der offiziellen Facebook-Seite.




9 Antworten auf „W-I Special: Vom Fan zum Wrestler! Meine 16 Stunden Wrestling-Training unter Alex Wright“

Dolphin sagt:

Hut ab, ich kann mir schon vorstellen, wie dein Körper sich danach anfühlte 😛
Und danke für diesen interessanten Bericht 🙂

Pia sagt:

Respekt!! Bei mir würde es wahrscheinlich schon am Fallen scheitern…
Von wegen „alles nur Show“, die Herren und Damen leisten Einiges und nur weil es am Ende nicht unbedingt darum geht wer der Bessere oder Schnellere ist, heißt es noch lange nicht, dass es ein Kinderspiel ist und man keine Leistung bringen muss.

Pia sagt:

Ach ja, und vielen Dank für den sehr interessanten Bericht und Einblick!! 🙂

Booker DeWitt sagt:

WOW! Nach Dem Bericht glaube ich, das die kondition am wichtigsten IST.

Thomass1978 sagt:

Was kostet so ein Trainings Seminar? @thefabi

ambrosefan sagt:

Jop, die Fallschule ist dein bester Freund. Ich habe das bei unserer gestrigen Show auch wieder festgestellt. Wir haben zwar keinen Ring beim undergroundwrestling, aber die Matten tun trotzdem weh. 🙂

Kaane sagt:

Fallen und Abrollen waren auch damals in der Judoschule schon DIE Trainingsinhalte. Würde mich ja reizen zu sehen was da noch übrig geblieben ist. 😀 Sehr schöner Bericht! Machst du auch die Folgeseminare?

DonWikki sagt:

Tolles Special!
Liest sich echt cool, ich freu mich für dich 🙂

TheFabi sagt:

@Thomass1978

Ich glaube, es waren um die 250€ … wenn man etwas spekuliert ist es aber schon ab 200 zu haben.

@Booker DeWitt

Auf die Kondition ging es lustigerweise nicht so. Lediglich einzelne Übungen, aber insgesamt hatte eigentlich keiner wirkliche Kondition schwierigkeiten. Ich habe aber auch shcon gesehen, was man später, wenn man wirklich mit dem Training beginnt, macht. Da gehts wirklich auf die Kondi 😀

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